Heimliches Interview Dutroux bestätigt Existenz von Pädophilen-Netzwerk
Brüssel - Er selbst habe zu den einzelnen Netz-Mitgliedern regelmäßig Kontakt gehabt, sagte Dutroux in dem Interview mit dem flämischen Fernsehsender VTM. Welche Personen dem Pädophilie-Netz angehören, verschwieg der 43-Jährige jedoch. Auch wollte der mutmaßliche Sexualverbrecher nicht verraten, welche Rolle die Gruppe bei der Entführung der Kinder spielte, die er in seinem Haus versteckt hielt. Da eine Untersuchung in diese Richtung keine Beweise für ein Netzwerk erbracht hatte, will die belgische Justiz nicht weiter in diese Richtung ermitteln.
Vor allem die Umstände des Interviews lösten in Belgien heftige Kritik aus: Anfang des Monats war der liberale Senator Jean-Marie Dedecker ins Gefängnis von Arlon gekommen. Ein VTM-Journalist hatte ihn - getarnt als Chauffeur - in Dutroux Zelle begleitet. Zwar hatte Dedecker seine Besuchserlaubnis bei Justizminister Marc Verwilghen eingeholt, diesen aber nicht über seine Begleitung informiert. Verwilghen erklärte: "Der Senator hat Schande über das ganze Parlament gebracht." Zugleich kam auch die Frage auf, wie der Fernsehjournalist ohne Leibesvisitation und Identitätscheck in die Haftanstalt gelangen konnte.
Die christsoziale Oppositionspartei PSC verlangt nun, dass sowohl der Abgeordnete Dedecker als auch der Justizminister Verwilghen von ihren Ämtern zurücktreten. Die Partei von Ministerpräsident Guy Verhofstadt, der beide Politiker angehören, beließ es bei einer Rüge für den Senator.
Dutroux war vor mehr als fünf Jahren festgenommen worden. Er wird verdächtigt, mehrere kleine Mädchen entführt, sexuell missbraucht und ermordet zu haben. Seitdem sitzt er im Gefängnis der südostbelgischen Stadt Arlon und wartet auf seinen Prozess. Dieser soll erst im nächsten Jahr beginnen.