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Indische Geschäftsleute: Hitler als Marketinginstrument

Foto: SAM PANTHAKY/ AFP

Indisches "Hitler"-Geschäft "Wir haben nichts gegen Juden"

Ärger im indischen Ahmedabad: Zwei Geschäftsleute haben ihren Klamottenladen "Hitler" genannt. Nicht nur Juden sind empört. Eigentümer Rajesh Shah zeigt sich im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE erschrocken über das weltweite Interesse - will aber am Namen festhalten.

Nicht zum ersten Mal gibt es in Indien Ärger um den Namen Hitler. Mal nannte ein Restaurantbetreiber sein neues Café "Hitler's Cross", mal nahm ein Händler eine Bettwäsche mit dem Namen "The Nazi Collection", bedruckt mit Hakenkreuzen, ins Sortiment auf.

Sind manche Menschen in Indien so unbedarft? Haben sie einfach keine Ahnung, dass es sich bei Adolf Hitler um den schlimmsten Diktator des 20. Jahrhunderts handelt?

Sogar ein Spielfilm im Stil eines Bollywood-Epos über Hitler sollte in Indien entstehen, der den "Führer" mitsamt "seinen Unsicherheiten, seinem Charisma, seiner Paranoia und seinem Genie" darstellen sollte. Nach heftigen Protesten sprang Hauptdarsteller Anupam Kher ab, der Film erschien in Indien letztendlich unter dem Titel "Gandhi to Hitler".

Zwei junge Geschäftsleute haben jetzt in der indischen Millionenmetropole Ahmedabad einen schicken Laden eröffnet, in dem westliche Kleidung für Männer verkauft wird. Der Name: "Hitler". Über dem Eingang prangt er in großen weißen Lettern. Der I-Punkt ist ein Hakenkreuz. SPIEGEL ONLINE sprach mit Rajesh Shah, einem der beiden Eigentümer.

SPIEGEL ONLINE: Herzlichen Glückwunsch zur Geschäftseröffnung. Aber ein schlimmerer Name hätte Ihnen wohl nicht einfallen können.

Shah: Warum? Ich bin erschrocken über die heftigen Reaktionen aus der ganzen Welt. Hitler war doch ein gewählter Politiker, oder? Hat er nur Schlimmes angerichtet, nichts Gutes?

SPIEGEL ONLINE: Sie wollen ernsthaft über das Gute sprechen bei einem Mann, der Millionen Menschen auf dem Gewissen hat? Der die Tötung von Menschen auf industriellem Wege betrieb?

Shah: Nein, natürlich nicht. Ich muss dazu sagen, dass ich über Hitler nicht viel wusste, als wir den Namen aussuchten.

SPIEGEL ONLINE: Und warum wählten Sie dann ausgerechnet diesen Namen?

Shah: Wir haben den Laden nach dem Großvater meines Geschäftspartners benannt. Er war ein sehr strenger Mann, sehr genau und sehr pingelig. Deshalb nannten ihn alle scherzhaft "Hitler". Das wurde sein Spitzname. Als wir den Namen für unser Geschäft anmeldeten, war das alles, was ich über Hitler sagen konnte: dass das ein sehr strenger Mann war. Dass er so viele Menschen ermorden ließ, war mir nicht bekannt.

SPIEGEL ONLINE: Jetzt, da es Ihnen bekannt ist, werden Sie den Namen ändern?

Shah: Für den Schriftzug über dem Eingang, die Broschüren und die Visitenkarten haben wir rund 150.000 Rupien (umgerechnet etwa 2150 Euro - d. Red.) ausgegeben. Wenn uns jemand das erstattet, ändern wir den Namen. Sollten wir rechtlich dazu gezwungen sein, will der Vater meines Geschäftspartners, also der Sohn von "Hitler", die Kosten übernehmen.

SPIEGEL ONLINE: Sie wollen den Namen ansonsten aber allen Ernstes beibehalten, obwohl nicht nur jüdische Gemeinden in Indien protestieren? Und obwohl in der ganzen Welt über Ihr Geschäft berichtet wird, und zwar nicht gerade positiv?

Shah: Wie gesagt, wir haben das Geschäft ja nach dem Großvater meines Geschäftspartners benannt. Niemand kann behaupten, wir hätten etwas gegen Juden. Wir sind Hindus. Hindus haben eine gute Beziehung zu Juden.

SPIEGEL ONLINE: Hitler war ein Menschenfeind, ein Größenwahnsinniger im Rassenwahn. Mit dem Hakenkreuz im Zusammenhang mit seinem Namen beziehen Sie sich ausdrücklich auf ihn.

Shah: Das Hakenkreuz, die Swastika, ist ein hinduistisches Glückssymbol.

SPIEGEL ONLINE: Aber eines, das Nationalsozialisten übernahmen als Zeichen einer vermeintlich höherwertigen Rasse.

Shah: Indien ist eine Demokratie, ein freies Land. Warum sollten wir diesen Namen und dieses Symbol nicht verwenden dürfen?

SPIEGEL ONLINE: Sie sind reichlich naiv.

Shah: Mag sein. Vielleicht werden wir noch einmal über die Sache nachdenken.

Das Interview führte Hasnain Kazim

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