

Hamburg - Über fünf fahrende Autos springen, sogenannte "Poweriser" an den Füßen - Federn, die einen Sprung enorm verlängern. Nur fünf Schritte Anlauf, mit dem sechsten abspringen, das war der Plan. Umdrehen, neuer Anlauf, wieder abspringen. So sollte es funktionieren.
Samuel K., 23, wollte bei "Wetten, dass...?" zeigen, was er kann. Doch es ging schief.
Interne ZDF-Unterlagen, die SPIEGEL ONLINE vorliegen, zeigen jetzt, für wie riskant der verletzte Wettkandidat Samuel K. selbst seinen Stunt hielt. Und dass er sehr genau wusste, worauf es ankam. Sie zeigen aber auch, dass kaum jemand so gut vorbereitet war auf ein solches Wagnis wie er.
Es lässt sich das Bild eines jungen Mannes zeichnen, den es immer zu Höchstleistungen trieb, der sich darauf jedoch akribisch vorbereitete.
Laut internem ZDF-Konzeptpapier zur Wette "Power Jump", die am Samstagabend mit einem Unfall und dem Abbruch der Show endete, hatte Samuel K. noch vor dem Sprung gesagt: "Es ist ein ekelhaftes Gefühl, Autos, die auf einen zufahren, entgegenlaufen zu müssen." Schwierig sei auch, dass die Sprünge bei jedem Auto unterschiedlich hoch und lang sein müssten.
Auf der Suche "nach immer neuen Hürden"
Es sei äußerst wichtig, dass er den Fahrern vertrauen könne. Sie müssten, "wenn er zu früh abspringt, sofort Gas geben", damit er nicht auf dem Dach des Autos lande. Auch deshalb saß sein Vater am Steuer des Unfallwagens - Samuel K. vertraute ihm, ebenso den anderen im Team: einem Schulfreund, einem Bekannten und zwei Mitstudenten. Sie lenkten die anderen Autos, die bei der Wette zum Einsatz kamen.
Ein "Wetten, dass...?"-Fragebogen zeigt, dass Samuel einerseits sehr gut vorbereitet war auf diesen Stunt, andererseits aber auch unbedingt Höchstleistungen präsentieren wollte. Er sei auf der Suche "nach immer neuen Hürden und Herausforderungen" gewesen. "Den Zenit dieser Suche fand ich im Überspringen von frontal auf mich zufahrenden Autos." Dass so etwas "sonst noch niemand auf der Welt gemacht hatte, motivierte schlussendlich zum Wettgedanken".
Detailliert hatten Samuel K. und sein Team die Wette entwickelt, fertigten Skizzen an, legten fest, dass 6,40 Meter nach dem Startpunkt der Autos eine Markierung angebracht werden müsse. Nur so könne der Wettkandidat erkennen, wo er abspringen muss. Auch Aufwärmphasen und Trainigspausen waren vorgesehen.
Wie man sich fit macht für eine solche Aufgabe, das wusste Samuel K. Sport treibt er seit frühester Kindheit. Mit sechs schon begann er mit Geräteturnen. Im "Wetten, dass...?"-Fragebogen gibt er gleich neun Hobbys an: Kunstturnen, Snowboarden, Skifahren, Turmspringen, Schwimmen, Inline-Skaten, Reiten, Tanzen, Bühnenfechten. Neben seinem Studium an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover verdient er ein bisschen Geld als Akrobat und Stuntman. Zudem ist er Reserveoffiziersanwärter.
Doch trotz aller Planung und Vorbereitung, trotz des Trainings, missglückte der Stunt. Jetzt diskutieren Zuschauer und Programmmacher, ob die Wette zu gefährlich war.
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Schwerer Schlag für Moderator Thomas Gottschalk: Bei der "Wetten, dass..?"-Sendung verunglückte Kandidat Samuel Koch und musste auf die Intensivstation des Uniklinikums Düsseldorf gebracht werden.
Der ärztliche Direktor des Krankenhauses, Wolfgang Raab, bezeichnete den Zustand des 23-Jährigen als "äußerst kritisch". Die Halswirbelsäule sei verletzt, das Rückenmark an einigen Stellen geprellt. An der Wirbelsäule habe man zudem kleine Knochenbrüche entdeckt, hieß es. Der junge Mann wurde nach einer Notoperation in ein künstliches Koma versetzt.
Bei seinem riskanten Stunt für die ZDF-Show "Wetten, dass..?" verletzte sich Samuel Koch schwer.
Samuel Koch hatte gewettet, innerhalb von vier Minuten über fünf fahrende Autos springen zu können. Der erste Versuch klappte, den zweiten brach er ab. Der dritte ging noch einmal gut, beim vierten nahm er Anlauf, sprang...
...und prallte gegen das Auto, überschlug sich,...
...kam auf dem Boden auf und blieb reglos liegen. Ein Notarzt eilte herbei,...
...für den Bruchteil einer Sekunde...
...sah man Koch regungslos am Boden liegen, dann zeigte die Kamera nur noch das geschockte Publikum.
Die Moderatoren Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker rangen erkennbar um Fassung.
Hier schauen sie dem Notarzt zu, wie er sich um den verletzten Wettkandidaten kümmert.
Nachdem die Sendung erst unterbrochen wurde, erklärte sie Gottschalk schließlich für beendet. Er halte das als Entertainer für seine Pflicht. Das ZDF werde weiter darüber informieren, wie es dem Wettkandidaten Samuel Koch gehe, sagte der Moderator.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihr Ehemann Udo Kraft beobachten die Szene sichtlich geschockt.
Gottschalk mit dem Leiter der ZDF-Hauptredaktion Show, Manfred Teubner: Samuel sei auf dem Weg in die Klinik, sagt der Moderator. "Er ist ansprechbar, er spürt seine Beine."
Gottschalk hört sich zerknirscht an, seufzt schwer: "Er hat's bei den Proben jedes Mal geschafft." In der Live-Sendung schaffte es der Kandidat nicht.
Moderatorin Michelle Hunziker bemühte sich während der Sendung um Schadensbegrenzung: "Wir brauchen ein Tuch", sagte sie, "ein Tuch davor!"
Der "Badischen Zeitung" sagte Samuel Koch kurz vor der Sendung: "Bei den Proben am Donnerstag bin ich zweimal schwer gestürzt." Vor der Sendung, im Gespräch mit Gottschalk und Hunziker, gab sich der Wettkandidat jedoch zuversichtlich.
Hunziker mit Wettpate Otto Waalkes: Die Show hatte gerade erst angefangen, als der Unfall passierte.
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