Italien ohne Strom Frankreich bestreitet Verantwortung für Stromausfall

In Italien ist in der Nacht zum Sonntag der Strom ausgefallen, betroffen waren mehr Menschen als beim Blackout in den USA. Höchstwahrscheinlich legten Stürme zwei Hauptstromleitungen von Frankreich nach Italien lahm. Die Suche nach dem Sündenbock hat begonnen.

Rom - Betroffen waren nach Angaben der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft ACEA 57 Millionen Menschen - das Ausmaß war damit größer als beim Stromausfall in Nordamerika im August.

Die Versorgung kam im Laufe des Sonntags nur allmählich wieder in Gang. Mehr als 110 Züge mit 30.000 Passagieren waren in der Nacht zum Sonntag stundenlang blockiert. In Rom, wo die Bevölkerung zu einer Nacht der Museen eingeladen war, saßen hunderte von Menschen in der U-Bahn fest. Viele mussten dort übernachten, wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA meldete.

Der französische Elektrizitätsversorger RTE wollte keine Verantwortung für den Stromausfall übernehmen. Die Panne sei entstanden, weil das italienische Netz nach der kurzfristigen Unterbrechung zweier Hochspannungsleitungen von Frankreich nach Italien nicht wieder geöffnet worden sei, sagte ein RTE-Sprecher. "Wir dementieren, dass der Ursprung französisch sein soll."

Nach Angaben des Unternehmens waren am frühen Sonntagmorgen um 3.25 Uhr zwei 400.000-Volt-Leitungen offenbar wegen eines Gewitters kurzfristig ausgefallen. "Der Strom hätte aber sofort wieder fließen können, wenn auf italienischer Seite die Leitung wieder hergestellt worden wäre", sagte der Sprecher. "Die Spannung stand zur Verfügung."

In Turin, Bologna, Triest, Mailand und im Süden des Landes funktioniere der Strom zum Teil wieder, hieß es am Sonntagvormittag. Nach Angaben des Zivilschutzes sollte die Versorgung am frühen Nachmittag wieder ganz hergestellt sein.

Während des Ausfalls standen Züge still, in den Städten blieb es dunkel. Der Zivilschutz forderte die Bevölkerung auf, zu Hause zu bleiben. In Südtirol musste ein Zug aus einem Tunnel geschleppt werden. In den Krankenhäusern sei die Versorgung durch Generatoren gesichert, hieß es im staatlichen Rundfunk.

In Rom waren zur "Weißen Nacht", die allerdings verregnet war, einige Nachtschwärmer in den Clubs und Bars unterwegs, als es zu der Panne kam. Reisende saßen auf dem Bahnhof fest. Telefone und Handys funktionierten trotz des Stromausfalls, auch Radiosender waren zu empfangen. In einigen Städten wurden Busse anstelle von Zügen eingesetzt.

Erst am Dienstag hatte ein gigantischer Stromausfall Teile Dänemarks und Schwedens mit mehr als drei Millionen Menschen ins Chaos gestürzt. Im August war es im Nordosten der USA und in Kanada zu einem Stromausfall riesigen Ausmaßes gekommen. Danach hatte auch London mit einem Blackout zu kämpfen.

Auswirkungen auch in der Schweiz

Der Stromausfall in Italien hatte auch Auswirkungen auf die Schweiz. Im Kanton Tessin brach die Elektrizitätsversorgung in der Nacht zum Sonntag ebenfalls zusammen. Die Unterbrechung dauerte aber nur etwa eine Viertelstunde von 3.25 Uhr bis 3.47, wie ein Vertreter des Elektrizitätswerks von Lugano sagte. Der Stromausfall stehe im Zusammenhang mit dem Blackout in Italien: Im Tessin sei es im Elektrizitätsnetz dadurch vorübergehend zu einer Überlastung gekommen.

Der Bahnverkehr zwischen der Schweiz und Italien konnte am Sonntagmorgen nicht aufgenommen werden. Wie die Verkehrsinformation Viasuisse mitteilte, verkehrten die internationalen Züge in Richtung Süden nur bis Chiasso.

Auch in Teilen von Genf brach in der Nacht zum Sonntag die Stromversorgung zusammen. Ob hier ebenfalls ein Zusammenhang mit dem Stromausfall in Italien bestand, war aber zunächst nicht klar. Nach Auskunft der Genfer Kantonspolizei war die Ursache der Ausfall einer 18.000-Volt-Leitung. Die Unterbrechung dauerte von 3.40 Uhr bis 4.47 Uhr.

Deutsche Energiewirtschaft soll Blackout abgewehrt haben

Die deutsche Energiewirtschaft hat anscheinend durch eine schnelle Reaktion verhindert, dass sich der Stromausfall in Italien und im Tessin auch auf das hiesige Stromnetz auswirken konnte. In Deutschland seien sofort Pumpspeicherwerke in Betrieb genommen worden, um Strom zu verbrauchen und so ein Überschreiten der Normalnetzfrequenz zu verhindern, sagte der Sprecher des drittgrößten heimischen Stromkonzerns, Vattenfall Europe, Johannes Altmeppen, der "Berliner Zeitung".

Andernfalls hätte es im westeuropäischen Stromverbundnetz ausgehend von Italien eine Rückkopplung in Form überhöhter Netzspannung auch auf Deutschland geben können. Italien verfüge gegenwärtig generell über "zu wenig Leistung im Netz".

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