Gestorben Iwan Dsjuba, 90

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Von der Ukraine als Teil Europas schrieb er schon lange, bevor der Name Putin eine Rolle auf der Weltbühne spielte – und übte Kritik am russischen Großmachtdenken: Der ukrainische Publizist und Dissident Iwan Dsjuba widmete sich zeitlebens den politischen Fragen. Den Reformen. Dem Protest. Zur Welt kam er 1931 in einem Dorf im Donbass. Er studierte russische Philologie in Donezk und wurde Redakteur bei der ukrainischen Zeitschrift »Wittschysna«, auf Deutsch: »Heimatland«. Dsjuba, der zu einem bedeutenden Literaturkritiker der Ukraine werden sollte, setzte sich dafür ein, die Literatur seiner Heimat weniger vom Einfluss Russlands bestimmen zu lassen. In den Sechzigerjahren protestierte er gegen die Verfolgung ukrainischer Intellektueller, war Mitverfasser eines offenen Briefs, der sich gegen die sowjetischen Machthaber richtete, prangerte den Antisemitismus in der sowjetisch gelenkten Ukraine an. Sein 1968 veröffentlichtes Buch »Internationalismus oder Russifizierung?« wurde als »antisowjetisch« eingestuft und brachte ihn letztlich für zwei Jahre in ein Gefängnis des KGB. Nach der Haft arbeitete er als Korrekturleser einer Werkszeitung, bis ihm das Regime um 1980 herum wieder erlaubte zu publizieren. 1989 gründete er eine wichtige Oppositionspartei in der sowjetischen Ukraine mit, 1992 wurde er Kulturminister des jungen Staats. Putins Militärangriff auf seine Heimat hat er nicht mehr erlebt. Iwan Dsjuba starb am 22. Februar in Kiew.