Jorge Mario Bergoglio Der neue Papst im Steckbrief
Rom/Buenos Aires - In gewisser Weise ist Jorge Mario Bergoglio ein verspäteter Papst. Beim Konklave 2005, als der Nachfolger des verstorbenen Johannes Paul II. gesucht wurde, war der Argentinier ein aussichtsreicher Kandidat. Angeblich sollen damals im dritten Wahlgang bis zu 40 Kardinäle für ihn gestimmt haben. Mit dieser Anzahl hätte er jede andere Wahl verhindern können, heißt es. Sein Verzicht habe dann aber im vierten Wahlgang den Weg für die Wahl von Kurienkardinal Joseph Ratzinger frei gemacht, der sich den Namen Benedikt XVI. aussuchte.
Nun - acht Jahre später - ist Bergoglio doch noch Papst geworden. Wer ist der Mann, den Beobachter vorher nicht als einen der führenden Anwärter auf das höchste Amt der katholischen Kirche angesehen hatten? Ein Überblick:
Die Herkunft
- Geboren am 17. Dezember 1936 als eines von fünf Kindern italienischer Einwanderer.
- Besitzt bis heute neben der argentinischen auch die italienische Staatsangehörigkeit; spricht neben Spanisch und Italienisch auch Deutsch.
- Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt.
- Besuchte eine technische Schule, machte einen Abschluss als Chemietechniker.
Die Karriere
- Ab 1957: Gang ins Priesterseminar; Studium der Philosophie und Theologie, lehrte währenddessen Literatur und Psychologie.
- 1969: Priesterweihe
- 1973 bis 1979: Provinzial des Jesuitenordens. Während der Militärdiktatur führt Bergoglio mit Strenge seine Ordensbrüder in strikt religiöse Aufgaben zurück. Im Foltergefängnis inhaftierte Ordensbrüder warfen Bergoglio Schwäche im Umgang mit dem Regime vor; er habe sich nicht vor sie gestellt.
- 1980 bis 1986: Rektor der Theologischen Hochschule von San Miguel. Um seine Dissertation zu beenden, kam er 1985 zu einem längeren Aufenthalt nach Deutschland.
- 1992: Weihbischof in Buenos Aires.
- 1997: Von Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof-Koadjutor ernannt.
- Februar 1998: Erzbischof der Hauptstadt-Diözese.
- 2001: Ernennung zum Kardinal.
- 2005 bis 2011: Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz.
- 2009: Auftritt vor einer Million Jugendlichen im Marienwallfahrtsort Luján.
- 2013: Wahl zum Papst.
Engagement und Ansichten
Wegen seines sozialen Engagements wird Bergoglio oft "Kardinal der Armen" genannt. Seine Maxime: Tun und Handeln müssen zusammenpassen. "Erst wenn alles übereinstimmt - Denken, Fühlen und Tun - ist es gut." In den vergangenen Jahren geriet er mehrfach mit Argentiniens Regierungen aneinander:
- Vor wenigen Wochen warnte Bergoglio vor der "alltäglichen Übermacht des Geldes mit seinen teuflischen Folgen von Drogen und Korruption sowie dem Handel von Menschen und Kindern, zusammen mit der materiellen und moralischen Misere".
- Als Bergoglio die Gesetzesvorlage zur gleichgeschlechtlichen Ehe als "Teufels-Manöver" bezeichnete, antwortete Argentiniens Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner, diese Kritik erinnere an die Zeiten der Inquisition.
Der Privatmann
Als Erzbischof und Primas Argentiniens bevorzugte Bergoglio ein möglichst unauffälliges Auftreten in der Öffentlichkeit, galt als wortkarg, medienscheu und bescheiden. Statt in seiner Bischofsresidenz wohnte er in einem einfachen Apartment, fuhr lieber Bus oder U-Bahn statt Bischofslimousine.
Bergoglios Wahl dürfte auch die Fußballfans in Argentinien begeistern. "Maradona, Messi... und jetzt Jorge Mario Bergoglio", titelte die Sportzeitung Olé. Franziskus gilt als großer Anhänger des zehnmaligen Meisters San Lorenzo. Zum 100. Geburtstag des Clubs im Jahr 2008 hatte Bergoglio, der häufig bei Spielen des Vereins im Stadion war, die Ehrenmitgliedschaft erhalten. Sein Vater spielte für die Basketball-Abteilung von San Lorenzo.
Hölderlin, Borges und Dostojewski gelten als Bergoglios beliebteste Autoren. Auf der Leinwand bevorzugt er die Filme des italienischen Neorealismus - als Papst wird er neben dessen Kulissen leben.
Lesen Sie hier ein ausführliches Porträt des neuen Papstes.