31 Jahre alter Haftbefehl Schweizer Polizei nimmt Regisseur Polanski fest

Zugriff in Zürich: Der weltberühmte Filmregisseur Roman Polanski ist bei der Einreise in die Schweiz am Flughafen festgenommen worden. Der Grund dafür soll ein Missbrauchsverfahren aus dem Jahr 1978 sein.
31 Jahre alter Haftbefehl: Schweizer Polizei nimmt Regisseur Polanski fest

31 Jahre alter Haftbefehl: Schweizer Polizei nimmt Regisseur Polanski fest

Foto: DDP

Zürich - Der Regisseur Roman Polanski, 76, ist am Samstag bei seiner Einreise in die Schweiz festgenommen worden. Das bestätigten am Sonntag die Polizei und eine Vertreterin des Filmfestivals in Zürich, zu dem Polanski erwartet wurde. Grund für die Festnahme sei der seit 1978 bestehende Haftbefehl der US-Behörden gegen den Regisseur. Der Oscar-Preisträger ("Der Pianist") soll 1977 in den USA eine Minderjährige vergewaltigt haben.

Polanski

konnte dem damals verhängten Haftbefehl durch seine Flucht aus den Vereinigten Staaten entgehen. Seitdem hat er das Land nie wieder betreten. Auch zur Oscar-Verleihung im Jahr 2003, bei der er für "Der Pianist" als bester Regisseur ausgezeichnet wurde, wagte er die Einreise nicht.

Der in Paris geborene Filmemacher hatte sich seinerzeit schuldig bekannt, in der Villa von Hollywood-Star Jack Nicholson eine 13-Jährige mit Champagner und Drogen gefügig gemacht und verführt zu haben. Sex mit einer Minderjährigen gilt in Kalifornien automatisch als Vergewaltigung. Polanski verbrachte 42 Tage unter psychiatrischer Beobachtung. Er floh 1978 aus Angst vor einer längeren Gefängnisstrafe unmittelbar vor der Urteilsverkündung nach Frankreich.

"Einen schrecklichen Fehler gemacht"

Sein Opfer hat ihm mittlerweile öffentlich verziehen. "Er hat einen schrecklichen Fehler gemacht", sagte Samantha Geimer vor einiger Zeit dem "Starbulletin", "aber er hat dafür bezahlt. Ich wünschte, er könnte in die USA zurückkehren - und das ganze Drama hätte endlich ein Ende für uns." Die heute 45-Jährige ist verheiratet und lebt mit Mann und drei Kindern auf Hawaii.

Doch erst im Mai scheiterte Polanski endgültig mit seinem Antrag, das Vergewaltigungsverfahren in Kalifornien nach 32 Jahren für abgeschlossen zu erklären. Ein Gericht in Los Angeles lehnte sein Ersuchen ab und forderte das persönliche Erscheinen des Regisseurs.

Die Leitung des Zurich Film Festivals zeigte sich am Sonntag bestürzt und betroffen. Sie verschob die Preisverleihung auf unbestimmte Zeit. Stattdessen wollte sie am Abend Polanskis filmisches Schaffen würdigen.

"Ungeheurer Justizskandal"

Auch in der Schweizer Filmszene sorgte die Nachricht von Polanskis Verhaftung für Entsetzen. Sie sei nicht nur eine "groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheurer Justizskandal", erklärte der Verband der Regisseure laut der Schweizer Nachrichtenagentur SDA. Mit ihrem Vorgehen hätten die Behörden dem Land weltweit Schaden zugefügt, schrieb der Verband Filmregie und Drehbuch.

"Fassungslos" reagierte auch der französische Kulturminister Frédéric Mitterrand auf die Festnahme des "international renommierten Regisseurs" und "französischen Staatsbürgers". Ohne sich in das "sehr alte Verfahren" einmischen zu wollen, dem ein "übertriebener Wert" beigemessen werde, bedauere er auf "das heftigste", dass Polanski dieser "neue Belastungsprobe" unterworfen worden sei. Der Minister erinnerte daran, dass der Regisseur in seinem Leben schon genügend Schicksalsschläge hinnehmen musste.

Polanski wurde 1933 in Frankreich geboren. Drei Jahre später zogen seine Eltern mit ihm nach Krakau. Seine aus Russland stammende Mutter starb in Auschwitz, sein polnischer Vater überlebte das KZ Mauthausen, er selbst wurde nach seiner Flucht aus dem Ghetto von Bauern versteckt. 1969 wurde dann seine zweite hochschwangere Frau, die Schauspielerin Sharon Tate, in ihrer gemeinsamen Villa in Los Angeles von der Charles Manson-Bande brutal ermordet. Vor zwei Tagen starb eine Frau aus dem damaligen Killerkommando.

Als Regisseur, Drehbuchautor, Produzent oder Schauspieler blickt Polanski auf eine mehr als 40-jährige Karriere zurück. Er wirkte an gut 40 Filmen mit und wurde mehrfach ausgezeichnet. Zu seinen bekanntesten Werken zählen neben "Rosemary's Baby" und "Chinatown" die Satire "Tanz der Vampire".

jdl/AP/dpa/AFP
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