Angriff auf AfD-Politiker Ungebremster Sturz

Tatort in Bremen
Foto: FOCKE STRANGMANN/ EPA-EFE/ REXZwei Tage später gibt es immerhin eine gute Nachricht: Frank Magnitz liegt nicht mehr im Krankenhaus. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bremer AfD, Thomas Jürgewitz. Sein Parteikollege sei auf eigenen Wunsch entlassen worden.
Magnitz, 66, AfD-Landeschef, wurde Opfer einer Attacke, die inzwischen den Staatsschutz beschäftigt. Ein Unbekannter schlug den Politiker am Montagabend in einem Hinterhof nieder. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "Angriff auf unseren Rechtsstaat". Die wichtigste Frage ist ungeklärt: Wer steckt dahinter?
Der Bremer AfD-Landesverband sprach noch am Tag der Tat in einer Erklärung von einem "Attentat", von "Vermummten", die Magnitz aufgelauert und mit einem Kantholz bewusstlos geschlagen hätten. Sie hätten gegen seinen Kopf getreten, als er bereits am Boden lag.
Die Bremer Ermittler widersprechen dieser Darstellung in wichtigen Punkten. Überwachungskameras zeichneten den Angriff auf. Auf den Bildern sei das Geschehen deutlich zu erkennen, sagte Frank Passade, Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Am Montag gegen 17 Uhr war Magnitz auf dem Weg zu seinem Auto. Er kam von einem Empfang, nahm eine Abkürzung. Sie führt durch einen Hinterhof neben dem Café Theatro am Goetheplatz. Magnitz sei in der Gasse an zwei Handwerkern vorbeigelaufen, die an ihrem Auto hantiert hätten. Drei Unbekannte seien ihm gefolgt.
Einer von ihnen habe Magnitz angesprungen, mit dem Ellenbogen voraus. Er habe ihn am Rücken oder am Kopf getroffen. Der Abgeordnete sei ungebremst zu Boden gegangen und mit dem Kopf aufgeschlagen. Dann seien die drei Verdächtigen davongerannt. Zehn bis 15 Sekunden später seien die Handwerker bei Magnitz gewesen. Einer von ihnen habe sein Handy in die Hand genommen und den Notruf gewählt.
Tritte gegen den Kopf sowie den Einsatz eines Kantholzes oder eines anderen Gegenstandes könne er auf Basis der Videoaufzeichnung ausschließen, sagte Staatsanwalt Passade. "Wir gehen davon aus, dass die Verletzungen allein dem Sturz geschuldet sind."
Wie also kommt die AfD zu ihrer Einschätzung?
Magnitz sagte, einer der Handwerker habe ihm von dem Kantholz erzählt und von den Tritten. Nur deshalb habe er davon gehört. Aus der Firma des Klempners hieß es auf Anfrage des SPIEGEL, dass man keine Stellungnahme abgebe.
Die Tat gar nicht gesehen
Gegenüber der Polizei gaben beide Handwerker laut Passade an, die Tat gar nicht gesehen zu haben. Sie seien erst durch Schreie aufmerksam geworden. Von einem Kantholz hätten sie der Polizei gegenüber nichts gesagt.
Die AfD hat ihre Darstellung inzwischen relativiert. "Mit dem jetzigen Wissen würden wir die Mitteilung etwas anders formulieren, aber sie entsprach dem Kenntnisstand kurz nach der Tat", sagte Landesvize Jürgewitz den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Einer der Bauarbeiter habe den Begriff "Kantholz" genannt. Der Mann sei aber bisher nicht wieder aufgetaucht.
Auch Magnitz brachte inzwischen eine andere Erklärung ins Spiel. Der "Bild"-Zeitung sagte er, ein Angriff Linker sei wahrscheinlich, "aber es kann auch ein Raubüberfall gewesen sein".
Magnitz selbst hatte dem SPIEGEL am Dienstag gesagt, er vermute, dass die Täter aus der linken Szene stammen. Zuvor sei er an einer linken Demonstration vorbeigelaufen. "Dort muss mich jemand erkannt haben", sagte er.
Seit Magnitz diesen Zusammenhang hergestellt hat, bekommt Gundula Oerter viele Anrufe. Sie ist Sprecherin der Initiative Laye-Alama Condé. Jedes Jahr versammeln sich die Aktivisten in Bremen, um des Todes Condés zu gedenken. Der 35-Jährige starb am 7. Januar 2005 durch den Einsatz von Brechmitteln in Gewahrsam der Bremer Polizei (lesen Sie hier mehr darüber).
Etwa 70 Menschen, sagt Oerter, trafen sich am Montagabend vor dem Gerhard-Marcks-Haus. Es ist in der Nähe des Theaters, wo Magnitz zu Boden ging. Ein Film wurde gezeigt, Reden gehalten, eine Schweigeminute eingelegt. 45 Minuten habe das alles gedauert. "Uns ist nicht aufgefallen, dass Herr Magnitz an der Gedenkveranstaltung vorbeigelaufen wäre", sagt Oerter. Sie spricht von einer "gezielten Diskreditierung" einer Gedenkveranstaltung, die sich gegen Rassismus richte.
So bleiben nur Spekulationen über die Täter. Die Polizei hat inzwischen ein Hinweisportal freigeschaltet.