Alkohol im Blut Haider raste mit 1,8 Promille in den Tod

Die Staatsanwaltschaft schweigt noch aus Rücksichtnahme, doch die eigene Partei bestätigt jetzt: Der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider war bei seinem tödlichen Unfall schwer betrunken - das hat die Obduktion ergeben.

Wien - Bei dem Toten wurden 1,8 Promille Alkohol im Blut festgestellt, wie der neue BZÖ-Vorsitzende Stefan Petzner sagte. "Es ist richtig, dass Landeshauptmann Jörg Haider zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert war. Ich kann und muss das bestätigen", so Petzner.

Das österreichische Nachrichtenmagazin "News" hatte bereits zuvor auf seiner Internet-Seite berichtet, dass Haider sich betrunken ans Steuer gesetzt hatte. Das habe die Obduktion ergeben. Der Politiker sei "stark alkoholisiert und fahruntüchtig" gewesen.

Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, Gottfried Kranz, zu dieser Frage am Mittwochvormittag lediglich: "Über die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen werde ich aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und aus Rücksichtnahme auf den Verstorbenen keine Angaben machen."

Seine Behörde habe jedoch bereits einen Tag nach dem Unfall die genaue Geschwindigkeit des verunglückten Dienstwagens mitteilen können, weil "ein Sachverständiger im Beisein von VW-Fachleuten" das Computersystems des stark beschädigten Phaetons kurzfristig habe auslesen können.

Kranz hatte am Sonntag gesagt, Haider sei zum Zeitpunkt des Unfalls mit seinem Dienstwagen 142 Stundenkilometer schnell gefahren - und Tempo 70 sei auf der Strecke erlaubt gewesen. Verschiedene Medien rätselten anschließend, wie sich das Tempo der Unglückslimousine derart schnell habe feststellen lassen.

Ins Schleudern geraten

Auf dem Weg von einer Abendveranstaltung kam Haider laut Polizei am Samstagmorgen kurz nach 1 Uhr mit seinem Dienstfahrzeug, einem drei Monate alten VW Phaeton V6, im Süden von Klagenfurt von der Straße ab. Der Politiker sei mit seinem Auto nach einem Überholmanöver ins Schleudern geraten, sagte ein Behördensprecher.

Beim Eintreffen einer Notärztin am Unfallort habe noch eine kleine Chance auf ein Überleben Haiders bestanden, sagte der medizinische Direktor des Landeskrankenhauses Klagenfurt, Thomas Koperna. Der Politiker sei aber auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Einem vorläufigen Obduktionsbericht zufolge erlitt der Politiker mehrere jeweils tödliche Verletzungen.

Haiders Tod löste in Österreich bei vielen Politikern Bestürzung aus. Bundespräsident Heinz Fischer sprach von einer "menschlichen Tragödie". Vor dem Gebäude der Kärntner Landesregierung legten Anhänger Haiders Blumen nieder.

Haider war eine der umstrittensten Persönlichkeiten der österreichischen Politik. 1999 war seine damalige Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) sehr erfolgreich aus den Parlamentswahlen hervorgegangen und von ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel in eine Regierungskoalition geholt worden.

Haider selbst war im Kabinett nicht vertreten, da er wegen seiner Äußerungen zum Nationalsozialismus als untragbar galt. So hatte er Konzentrationslager als "Straflager" bezeichnet und von einer "ordentlichen Beschäftigungspolitik" des "Dritten Reichs" gesprochen. Bei den Parlamentswahlen Ende September erzielte Haiders neue Partei, das nach einem Zerwürfnis mit der FPÖ gegründete Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), einen Stimmenanteil von elf Prozent.

Lesen Sie in Teil 2 bis 7 - die umstrittenen Äußerungen von Jörg Haider:

"Im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht."

"Im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal Ihre Regierung in Wien zusammenbringt."

Nach dieser Entgleisung gegenüber der Wiener Bundesregierung schien Haiders politische Karriere zum ersten Mal am Ende. Als Landeshauptmann wurde der promovierte Jurist abgelöst.

"Österreichische Nation eine Missgeburt"

"Das wissen Sie so gut wie ich, dass die österreichische Nation eine Missgeburt gewesen ist, eine ideologische Missgeburt, denn die Volkszugehörigkeit ist die eine Sache, und die Staatszugehörigkeit ist die andere Sache."

Mit dieser Aussage sorgte Haider 1988 für Aufregung.

Lob für SS-Veteranen

"Es ist gut, dass es in dieser Welt noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben, die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind."

Haider bei einer Gedenkveranstaltung vor Veteranen der Waffen-SS. Sein Vater war 1929 der Hitler-Jugend und später auch der SA beigetreten. Später kämpfte Haider senior als Leutnant in Russland und Frankreich. Seine Mutter Dorothea stieg in der NS-Hierarchie zur Bannjugendführerin auf.

Beleidigung des Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde

"Ich verstehe überhaupt nicht, wie einer, der Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann."

Haider griff beim Rieder Aschermittwoch den Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, an. Später entschuldigte er sich öffentlich bei den österreichischen Juden für "missverständliche Äußerungen".

"Wenn einer schon Adamovich heißt ..."

"Wenn einer schon Adamovich heißt, muss man sich zuerst einmal fragen, ob er eine aufrechte Aufenthaltsberechtigung hat".

Haider beleidigte auch den Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich.

"Meine Auferstehung"

"Nach jener von Lazarus ist meine Auferstehung die eklatanteste der Geschichte, glaube ich."

Jörg Haider - ganz unbescheiden - nach seinem überraschenden Stimmengewinn bei der jüngsten Nationalratswahl.

jdl/AFP/dpa/AP

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