Attacke auf Polizistin Prozess um Harry Wörz wird abermals neu aufgerollt
Karlsruhe - Die Beweisführung des Landgerichts Mannheim sei fehlerhaft, befand der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH). Die Mannheimer Richter hatten den Mann in einem Wiederaufnahmeverfahren wegen Mangels an Beweisen freigesprochen. In einem ersten Prozess war der Bauzeichner in einem Indizienprozess zu elf Jahren Haft verurteilt worden, von denen er mehr als vier Jahre abgesessen hatte. Wörz muss sich nun vor einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts Mannheim erneut wegen versuchten Totschlags verantworten.
Er soll seine Frau 1997 mit einem Schal gewürgt haben. Das Opfer ist wegen Gehirnschädigungen seither ein Pflegefall und kann nicht mehr aussagen. Die Frau, eine Polizeibeamtin, war zur Tatzeit 26 Jahre alt und hat ein Kind mit dem Angeklagten. Beide lebten damals bereits getrennt. Wörz hatte die Tat bestritten und seine Unschuld beteuert. Der Bauzeichner will zur Tatzeit zu Hause geschlafen und keinen Schlüssel mehr von der früheren Wohnung gehabt haben. Der Geliebte und der Vater des Opfers waren ebenfalls bei der Polizei. Der Geliebte galt zeitweise auch als Tatverdächtiger.
Der Bundesgerichtshof warf den Richtern in Mannheim eine fehlerhafte Beweiswürdigung vor. So gehe das Landgericht von einer Spontantat aus, ohne sich mit Umständen auseinander gesetzt zu haben, die zur Annahme einer geplanten Tat gedrängt hätten. "Lückenhaft bleiben auch Erörterungen, mit denen das Landgericht den Inhalt einer am Tatort aufgefundenen Plastiktüte, die Herkunft der bei der Tat verwendeten Einweghandschuhe und DNA-Antragungen an deren Innenseite würdigt", urteilte der Strafsenat.
Außerdem habe die Schwurgerichtskammer einen Brief des Angeklagten nicht gewürdigt, der laut BGH einen hohen Beweiswert haben könnte. Der maßgebliche Satz in dem Brief lautet: "Wenn sie sagt: 'ja, ich war's', bin ich für Jahre im Knast." Er wurde eine Woche nach der Tat verfasst, als der Angeklagte noch davon ausgehen konnte, dass die Polizistin als nicht behinderte Zeugin Angaben zum Täter würde machen können, urteilte der Bundesgerichtshof.
Der Vorsitzende Richter Armin Nack, sagte, ein unschuldig Verdächtigter würde eher hoffen, dass das Opfer aufwache und ihn entlaste. Sollte der Ehemann jedoch eine Falschbelastung durch seine Frau befürchtet haben, hätte man einen Zusatz erwartet, dass er ihr das zutraue. An solch einem Zusatz fehle es aber in dem Brief.
ffr/AP