Doppelmord von Mistelbach Tochter und Freund zu langen Freiheitsstrafen verurteilt

Die Angeklagten vor Gericht
Foto: Daniel Karmann / dpaIm Prozess wegen des Doppelmords von Mistelbach hat das Landgericht Bayreuth die beiden Angeklagten schuldig gesprochen. Für den Mord an den Eltern seiner Freundin wurde ein 19-Jähriger zu 13 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Die älteste Tochter des Paares erhielt eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten.
Die beiden wurden nach Jugendstrafrecht verurteilt: Die Tochter war zur Tatzeit 16 Jahre alt, ihr Freund 18. Mit dem Strafmaß folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung der Tochter hatte einen Freispruch gefordert, während die Anwälte ihres Freundes auf neuneinhalb Jahre Haft wegen Mordes in zwei Fällen plädierten.
Nachbarn hatten in der Tatnacht Anfang Januar 2022 Hilfeschreie aus dem Haus der Familie gehört, kurz danach entdeckten Rettungskräfte die erstochenen Eltern.
Mutter hatte Angst vor der Tochter
Die Jugendkammer sah die heute 17-jährige Tochter als treibende Kraft der Tat, obwohl ihr Freund zugestochen hatte und sie nicht am Tatort war. »Sie handelte aus Hass auf ihre Eltern«, sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Deyerling. Beide Elternteile sollten aus dem Weg geräumt werden. »Sie ist die Initiatorin dieser Tat.« Ohne die Jugendliche wäre es nie zu den Morden gekommen.
Die Juristin sprach von einer »Katastrophe«. Das ermordete Ehepaar, ein 51 Jahre alter Kinderarzt und eine 47 Jahre alte Medizinerin, hinterlässt neben der nun verurteilten Tochter noch drei jüngere Kinder. Die Tat bleibe unfassbar, sagte Deyerling, und habe viel Leid über viele Menschen gebracht. »In diesem Saal sind noch nie so viele Tränen geflossen«, sagte sie mit Blick auf die zurücklegenden Verhandlungstage, bei denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden war.
Die Kammer zeichnete in der Urteilsbegründung detailliert nach, wie es zum brutalen Mord kam: Demnach behauptete die Angeklagte immer wieder, die Eltern würden sie schlecht behandeln und schlagen. Sie und ihr Bruder hätten sogar Suizidgedanken.
Doch tatsächlich habe es anders ausgesehen. Die Behauptungen des Mädchens seien widerlegt worden, sagte die Richterin. Die Eltern seien überfordert gewesen mit ihrer Teenager-Tochter, die unter anderem die Schule schwänzte. Sie hätten sogar das Jugendamt um Hilfe gebeten. Es sei so weit gekommen, dass die Mutter einen Selbstverteidigungskurs machen wollte, weil sie Angst vor Auseinandersetzungen mit ihrer ältesten Tochter hatte. Die Jugendliche habe gegenüber Freunden und Geschwistern immer wieder kundgetan, dass sie ihre Eltern tot sehen wollte.
»Er war bereit, alles für sie zu tun«
Der Angeklagte war wenige Wochen vor der Tat zu seiner Freundin gezogen, er war zu Hause rausgeflogen. Die Familie habe ihn freundlich aufgenommen, sogar auf dem Weihnachtsgruß der Familie sei er mit fotografiert gewesen, hieß es weiter. Dennoch glaubte er den Schilderungen seiner Partnerin, dass die Eltern sie schlagen würden. Die Jugendliche habe erkannt, dass er leicht manipulierbar sei, sagte Deyerling: »Er war bereit, alles für sie zu tun.«
Anfange Januar 2022 habe er im Schlafzimmer der Eltern schließlich brutal zugestochen – eine Vielzahl von Stichen traf die beiden Opfer. Sie starben noch am Tatort. Derweil blieb das Mädchen in der oberen Etage. Als sein Bruder durch die Schreie der Mutter geweckt wurde, hielt es ihn laut Urteilsbegründung davon ab, einzuschreiten oder Hilfe zu holen.
Das junge Paar hatte beschlossen, nach der Tat zu fliehen. Zu Fuß ging es nach Bayreuth, weil sie das Familienauto nicht aus der Garage bekamen. Dort stellte sich der nun verurteilte Täter schließlich der Polizei. Seine Freundin hielt er lange heraus, gab an, aus einer Aggressionsstörung heraus gehandelt zu haben. Erst später räumte er ein, dass sie ihn angestiftet hatte.
Das Mädchen jedoch stritt eine Beteiligung an der Tat laut Jugendkammer weiterhin ab. Ihr Verteidiger hatte in den Plädoyers einen Freispruch verlangt. Sie habe geschlafen und sei selbst erst durch die Schreie erwacht, hatte sie demnach erklärt. Das sei aber alles durch Zeugenaussagen des Bruders widerlegt, sagte die Richterin.
Nach dem Urteil hat der Anwalt des 19 Jahre alten Verurteilten mitgeteilt, dass sein Mandant die Tat sehr bereue. Er schäme sich »unendlich« dafür. »Dies kann er mit Worten kaum ausdrücken«, sagte Strafverteidiger Hilmar Lampert vor Journalisten. Sein Mandant habe die Schuld vollumfänglich eingeräumt und versucht, so gut wie möglich an der Aufklärung des Falls mitzuwirken.
Hätte sein Mandant die Mitangeklagte nicht kennengelernt, wäre es nie zur Tat gekommen, so der Verteidiger. Die beiden Opfer hätten ihn gut aufgenommen und gut behandelt. Trotzdem habe er sich zu dieser schrecklichen Tat hinreißen lassen, sagte Lampert weiter. Sein Mandant stehe für die Tat gerade.