Belgien Priester gesteht sexuellen Missbrauch

Erneuter Missbrauchsskandal in Belgien: Ein Geistlicher, der als möglicher Kandidat für den Friedensnobelpreis gehandelt wurde, hat die sexuelle Belästigung eines Minderjährigen zugegeben.

Brüssel - Die belgische Zeitung "Le Soir" veröffentlichte am Mittwoch einen Brief des katholischen Priesters und Soziologen François Houtart, in dem dieser zugibt, vor 40 Jahren einen Minderjährigen sexuell belästigt zu haben. Er habe die Familie des Opfers damals in der Nähe von Lüttich besucht und bei ihnen übernachtet, erklärte der Geistliche. Im Kinderzimmer habe er den Jungen zweimal "im Intimbereich berührt", was diesen geweckt und verängstigt habe. Sein Verhalten sei "rücksichtslos und unverantwortlich gewesen", so der 85-Jährige heute.

In den Tagen nach dem Vorfall habe er mit den Eltern des Jungen gesprochen, sich Sorgen um das Kind gemacht, wie er schreibt. "Der Vorfall hat mich auch persönlich aufgewühlt, weil ich mir bewusst war, dass er im Gegensatz stand zu meinem christlichen Glauben und dem Priesteramt, an dem ich sehr hing." Er habe einen Psychologen aufgesucht, der jedoch habe ihn darin bestärkt, im Amt zu bleiben und sich auf die universitären Aufgaben zu konzentrieren. Er habe sich dann für ein humanitäres Engagement entschieden.

Der Priester gründete in den siebziger Jahren die Organisation Cetri, die sich für Entwicklungsländer einsetzt. Der Missbrauchsfall kam ans Licht, nachdem eine Kampagne ins Leben gerufen worden war, um Houtart für den Friedensnobelpreis zu nominieren. Laut Angaben des Leiters von Cetri, Bernard Duterme, kontaktierte die Schwester des mutmaßlichen Opfers die Organisation, um sie von dem Missbrauch in Kenntnis zu setzen. Die Frau soll Houtart vorgeworfen haben, ihren Bruder vergewaltigt zu haben.

Der 85-jährige Geistliche sitzt inzwischen nicht mehr im Cetri-Vorstand und hält sich derzeit in Quito, Ecuador, auf. Die Kampagne für seine Nobelpreis-Kandidatur wurde eingestellt. Diese sei ohnehin zu personalisiert geführt worden, bemängelte Houtart. Auch fühle er sich zu alt, um die Strapazen einer solchen Herausforderung auf sich zu nehmen.

ala/dapd
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren