Wegen vorverurteilender Äußerungen Berlin muss Bordellbetreibern mehr als 100.000 Euro Schadensersatz zahlen

Eine Prostituierte steht im »Wellnessbereich« des Artemis: Berlin hätte auch mit 25.000 Euro davonkommen können
Foto: Fabian Sommer / dpaDas Land Berlin muss den Betreibern des Großbordells Artemis mehr als 100.000 Euro Schadensersatz zahlen. Das hat das Berliner Kammergericht am Dienstag im Berufungsprozess entschieden. Es sprach den beiden Klägern jeweils 50.000 Euro nebst Zinsen zu. Hintergrund sind Äußerungen der Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz im April 2016. Diese seien zum Teil unzutreffend und vorverurteilend gewesen, begründete das Gericht. Die Behörde hatte unter anderem von Verbindungen zur organisierten Kriminalität gesprochen. Die Vorwürfe waren jedoch in sich zusammengefallen, eine Anklage wurde 2018 nicht zugelassen.
Berlin hätte auch mit 25.000 Euro davonkommen können – lehnte das aber ab
»Die Vertreter des Landes Berlin haben die rechtliche Situation in diesem Verfahren von Beginn an eklatant falsch eingeschätzt«, sagte der Anwalt der Kläger, Ben M. Irle. Das Land Berlin habe die Chance verpasst, im Rahmen eines Vergleichs »die offensichtlichen und schweren Fehler der Staatsanwaltschaft einzugestehen«.
Tatsächlich hätte Berlin deutlich günstiger davonkommen können. Das Gericht hatte zuvor einen Vergleich angeboten, um den Streit beizulegen: Berlin hätte 25.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation spenden können. Die zuständige Justizverwaltung hatte das jedoch abgelehnt, eine Sprecherin sagte dazu damals, man sei »haushalterisch nicht in der Lage, jeden Betrag zu zahlen«. Nun wird das Land mehr als vier Mal so viel bezahlen müssen.
Die Betreiber des Artemis teilten nach dem Urteil mit, sie wollten das ihnen zugesprochene Geld nun spenden – zur Behandlung von an Krebs erkrankten Kindern in Berlin. »Uns ging es nie um Geld, sondern immer um unser Recht.«