Verdacht auf rassistische Tat Polizei korrigiert Angaben zu Angriff auf 17-Jährige in Berlin

In Berlin ist eine 17-Jährige angegriffen worden. Die Polizei rückte zunächst eine angeblich fehlende Maske der Jugendlichen in den Vordergrund. Dann meldete sich die Betroffene selbst zu Wort.
Tram in Berlin (Archivbild)

Tram in Berlin (Archivbild)

Foto: ALEXANDER BECHER/EPA-EFE/Shutterstock

Nach dem Angriff auf eine 17-Jährige im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg hat die Polizei ihre Darstellung des Vorfalls korrigiert. Mehrere Erwachsene sollen die junge Frau rassistisch beleidigt und körperlich attackiert haben. In der ersten Pressemitteilung der Polizei vom Sonntag hieß es noch, der Streit sei entstanden, weil die Erwachsenen die Jugendliche auf deren fehlende Maske hingewiesen hätten. Ein Mund-Nase-Schutz ist wegen der Coronapandemie im ÖPNV vorgeschrieben. Der Landesdienst der Nachrichtenagentur dpa und diverse Medien griffen die Meldung auf.

Daraufhin meldete sich die Betroffene Dilan S. via Instagram selbst zu Wort – und schilderte den Vorfall aus ihrer Sicht. »Ich wurde gestern zusammengeschlagen, weil ich Ausländerin bin«, sagt sie direkt zu Beginn des Videos. Zahlreiche Medienberichte hätten die Wahrheit verdreht, sodass sie sich nun über die sozialen Medien an die Öffentlichkeit wenden müsse. Nach 23 Stunden wurde das Video bereits mehr als drei Millionen Mal angesehen.

Anders als in den ersten Berichten geschildert, habe sie eine Mund- und Nasenbedeckung getragen, so S. Nach einer verbalen Auseinandersetzung in der Tram, in der nach ihren Angaben teils rassistische Beleidigungen fielen, sei sie draußen geschlagen und getreten worden. »Ich soll aufpassen, was ich in seinem Land sage«, habe einer der mutmaßlichen Täter gesagt. Zwei Männer hätten sie schließlich festgehalten, während weitere Personen auf sie eingeschlagen und eingetreten hätten.

Am Mittwoch räumte die Berliner Polizei einen Fehler in der ersten Darstellung ein. Sie korrigierte ihre ursprüngliche Pressemitteilung . Die verwendeten Informationen »stammten aus den vor Ort aufgenommenen Strafanzeigen, die, wie die weiteren Ermittlungen gezeigt haben, missverständlich formuliert waren«.

Die Auswertung von Videos habe gezeigt, dass »die Jugendliche beim Ein- und Aussteigen aus der Tram eine Mund-Nase-Bedeckung trug und diese lediglich bei dem auf die rassistischen Beleidigungen folgenden Streitgespräch mit den sechs Erwachsenen kurzfristig nach unten gezogen hatte«, teilte die Polizei nun mit. Die sechs verdächtigen Erwachsenen hätten überwiegend keine Masken getragen.

Laut Polizei gab die 17-Jährige an, sie sei von zwei Frauen rassistisch beleidigt worden. Nachdem sowohl die Jugendliche als auch sechs andere beteiligte Personen an der Haltestelle Greifswalder Straße ausgestiegen waren, sei sie nach ihren Schilderungen aus der Gruppe heraus festgehalten, geschlagen und getreten worden.

Drei vorläufige Festnahmen

Die Haltestelle soll zu diesem Zeitpunkt belebt gewesen sein, aber trotz Hilfeschreien sei keiner der Passanten eingeschritten, sagt S. in ihrem Video. Teils verwackelte Handyaufnahmen, die im Video eingeblendet werden, sollen die mutmaßlichen Täter und unbeteiligte Beobachter zeigen. »Ich bin körperlich und psychisch komplett wirklich am Ende, weil ich nicht verstehen kann, wie 2022 immer noch solche Menschen auf dem Planeten leben können«, so die junge Frau. Mit dem Video wolle sie in der Welt ein Statement setzen, dass es so nicht weitergehen könne. Die Polizei sucht nun nach Zeugen des Angriffs.

Alarmierte Polizisten hatten nach dem Vorfall drei Männer im Alter von 42, 44 und 51 Jahren als mutmaßliche Beteiligte vorläufig festgenommen. Die drei bestritten die Vorwürfe. Die 17-Jährige musste in einem Krankenhaus behandelt werden, in dem sie zur Beobachtung stationär aufgenommen wurde. Nach eigenen Angaben erlitt sie unter anderem eine Gehirnerschütterung.

wit/sah
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