Berlin Polizei widerspricht Bericht über vergewaltigte 13-Jährige

Das russische Staatsfernsehen berichtete zuerst darüber, dann verbreitete sich das Gerücht in den sozialen Netzen: Migranten sollen eine 13-Jährige in Berlin entführt und vergewaltigt haben. Jetzt stellt die Polizei die Sache richtig.

Ein massenhaft im Internet verbreiteter Bericht über eine angeblich von Migranten entführte und vergewaltigte 13-Jährige beschäftigt die Berliner Polizei und Justiz. Die Staatsanwaltschaft habe den Fall mittlerweile übernommen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, der Nachrichtenagentur AFP. "Wir werden die verschiedenen, teils widersprüchlichen Versionen prüfen", sagte Steltner.

In einem am Samstag im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Bericht war den deutschen Ermittlern vorgeworfen worden, das angebliche Verbrechen gezielt zu vertuschen. In sozialen Netzen wurde der Bericht tausendfach geteilt und von deutschen und russischen Nutzern mit empörten, oft ausländerfeindlichen Kommentaren versehen.

Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei war das Kind einer deutsch-russischen Familie am 11. Januar kurzzeitig als vermisst gemeldet worden, bevor es wieder auftauchte. Die Polizei befragte die Schülerin. Das Mädchen habe sich dabei in Widersprüche verstrickt, teilte die Polizei mit. In einer am Montag veröffentlichten Mitteilung erklärte die Polizei via Facebook: "Fakt ist - nach den Ermittlungen unseres Landeskriminalamts gab es weder eine Entführung noch eine Vergewaltigung."

In den sozialen Netzen wird dagegen eine andere Version verbreitet. Demnach wurde das Mädchen auf dem Schulweg von drei Migranten entführt, 30 Stunden lang festgehalten und in dieser Zeit mehrfach vergewaltigt. Das Kind habe auf Druck der Polizei und in Abwesenheit der Eltern seine Aussage abgeändert. Die Eltern glauben einem Bericht der Berliner Zeitung "B.Z." zufolge  weiterhin den Schilderungen ihrer Tochter.

Bekannt wurde der Vorfall durch einen zunächst im russischen Staatsfernsehen verbreiteten Bericht eines in Berlin arbeitenden russischen Journalisten. In dessen Video schildert eine weinende Frau, die als Tante des Opfers vorgestellt wird, ausführlich die angebliche Entführung und Vergewaltigung. In dem Bericht wird zudem eine vermeintliche Protestveranstaltung von Russlanddeutschen gezeigt, darunter angebliche Bekannte der betroffenen Familie. Allerdings handelt es sich bei der Veranstaltung um eine Demonstration der NPD im Bezirk Marzahn-Hellersdorf am vergangenen Samstag.

Sowohl in dem TV-Bericht als auch auf den Seiten, die das Video verbreiten, wird ein Zusammenhang zwischen der angeblichen Vergewaltigung und den in Deutschland lebenden Flüchtlingen hergestellt. Es wird an verschiedenen Stellen behauptet, deutsche Polizei und Medien würden den Fall gezielt vertuschen.

Der Konstanzer Rechtsanwalt Martin Luithle zeigte am Dienstag den verantwortlichen russischen Journalisten bei der Berliner Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung an. Der Journalist stachele die sechs Millionen Russlanddeutschen zum Hass gegen Flüchtlinge auf, sagte Luihtle der Nachrichtenagentur AFP. Die zahlreichen Zufälle und Ungereimtheiten des TV-Berichts legten nahe, "dass es sich um eine vorbereitete Geschichte handelt".

mka/AFP
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