Streit zwischen Bushido und Arafat Abou-Chaker Bruder "Mephisto"

Bushido und Arafat Abou-Chaker waren Freunde und Geschäftspartner. Dann überwarfen sie sich. Nun erhält der eine Polizeischutz - und der andere muss sich vor Gericht verantworten.
Da waren sie noch Freunde: Bushido (l.) und Arafat Abou-Chaker bei der Premiere des Kinofilms "Zeiten ändern Dich" 2010 in Berlin.

Da waren sie noch Freunde: Bushido (l.) und Arafat Abou-Chaker bei der Premiere des Kinofilms "Zeiten ändern Dich" 2010 in Berlin.

Foto: Jens Kalaene / DPA

Für das Image eines Gangsta-Rappers ist es keine gute Geschichte, die Bushido im Jahr 2019 den Ermittlern erzählt. Dass er überhaupt mit der Polizei redet, kommt in Teilen der Szene gar nicht gut an. Bushido berichtet unter anderem von einem Abend im Januar 2018. Arafat Abou-Chaker, Chef eines Berliner Clans, soll ausgerastet sein, weil Bushido die Geschäftsbeziehung zu ihm beendet hat. 14 Jahre machten sie gemeinsame Sache und verdienten viel Geld. 

Arafat Abou-Chaker habe ihn am 18. Januar 2018 in ihr gemeinsames Büro in Berlin-Treptow bestellt, erzählte Anis Ferchichi, 41, besser bekannt als Bushido. Abou-Chaker habe die Tür von innen verschlossen. Mit im Raum seien noch zwei seiner Brüder gewesen, Nasser und Yasser. Stundenlang soll Arafat Abou-Chaker auf Bushido eingeredet, ihn als "Bastard", "Hurensohn" und "Hund" beschimpft haben. Irgendwann habe Arafat Abou-Chaker eine halb volle 0,5-Liter-Plastikwasserflasche genommen und sie Bushido ins Gesicht geschlagen. Er habe gedroht, seine Familie anzugehen. Seine einzige Möglichkeit, sich von Abou-Chaker zu lösen, sei, sich für mehrere Millionen freizukaufen. Andernfalls müsse er bis an sein Lebensende zahlen.

Später habe Arafat Abou-Chaker noch einen Stuhl auf Bushido geworfen. So steht es in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Erst nach rund viereinhalb Stunden habe Bushido gehen dürfen. Er habe danach für etwa zehn Tage das Land verlassen. Nach seiner Rückkehr soll er sich in psychologische Behandlung begeben haben. Am 24. Januar 2018 ging Bushidos Frau, Anna-Maria Ferchichi, zur Polizei.

Am Montag beginnt vor der 38. Großen Strafkammer des Landgerichts Berlin der Prozess in der Sache. Arafat Abou-Chaker, 44, ist unter anderem wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue angeklagt. Seinen drei Brüdern, Yasser, 39, Nasser, 49, und Rommel Abou-Chaker, 42, wird unter anderem Mittäterschaft und Beihilfe zu einzelnen Taten vorgeworfen. 

Bushido ist Nebenkläger im Prozess. Nach SPIEGEL-Informationen will er an sämtlichen Verhandlungstagen teilnehmen. Schon für den 19. August ist seine Aussage vor Gericht geplant. Der Rapper und seine Familie stehen unter Polizeischutz. Mehrere Polizisten werden im Saal 500 anwesend sein. 

Das Who's who des deutschen Gangsta-Rap

Der Prozess verspricht Einblicke in die Geschäftspraktiken des Abou-Chaker-Clans und ins deutsche Rap-Business. Das ist nicht zuletzt dem Clan-Chef selbst zu verdanken. Arafat Abou-Chaker hatte offenbar die Angewohnheit, heimlich Gespräche mitzuschneiden. Gut für die Ermittler, die sein iPhone beschlagnahmten und darauf 65 Mitschnitte fanden , darunter Gespräche mit Bushido und mit anderen Künstlern der Szene. Capital Bra, Fler, AK Ausserkontrolle, Kollegah, Farid Bang, Samra, Shindy - das Who's who der deutschen Rapperszene taucht auf den 100 Seiten der Anklageschrift auf. Ob und gegebenenfalls wann sie als Zeugen die Bühne des Gerichtssaals betreten müssen, ist unklar. Aktuell wurden noch keine Zeugenladungen verschickt. 

Der Vorwurf um den 18. Januar 2018 ist nur ein Anklagepunkt von vielen. In einem anderen Punkt geht es um 180.000 Euro, die Rommel Abou-Chaker von einem gemeinsamen Firmenkonto von Bushido und Arafat Abou-Chaker abgehoben und seinem Bruder in dessen Auftrag und ohne Bushidos Wissen übergeben haben soll. 

Wegen angeblicher Entführungspläne wurde hingegen keine Anklage erhoben. Die Frau eines Bruders von Arafat Abou-Chaker soll Bushidos Frau im November 2018 per WhatsApp gewarnt haben, Arafat Abou-Chaker plane, sie entführen zu lassen. Anna-Maria Ferchichi informierte die Polizei. Im Januar 2019 wurde Arafat Abou-Chaker festgenommen. Zwei Wochen später kam er wieder frei. Die Frau und zwei weitere Zeugen hatten ihre Aussagen zurückgezogen. Arafat Abou-Chaker zeigte die Frau wegen falscher Verdächtigung an. Das Verfahren wurde eingestellt. Die Vorwürfe gegen Abou-Chaker erhärteten sich nicht.

Eheleute Ferchichi (Archiv)

Eheleute Ferchichi (Archiv)

Foto: Eventpress/Meik Shot / DPA

Bushido und Arafat Abou-Chaker kennen sich seit mehr als einem Jahrzehnt. Der Clan-Chef hatte Bushido dabei geholfen, 2004 aus einem Vertrag mit seinem damaligen Label herauszukommen. Es begann eine höchst lukrative Beziehung, in der es auch um Immobilien ging. 

Im August oder September 2017 hat Bushido laut Anklage die Zusammenarbeit mit Abou-Chaker für beendet erklärt. Seither streiten die beiden um viel Geld. Es kam zu mehreren Trennungsgesprächen. Schon vor dem 18. Januar 2018 soll Arafat Abou-Chaker Bushido im Büro eingeschlossen haben. Von weiteren Treffen hielt das den Rapper nicht ab. Auch nach der mutmaßlichen Eskalation im Januar 2018 trafen sie sich noch.

Es geht um Millionen

Bushido soll Abou-Chaker erst 1,8 Millionen, im März 2018 schließlich 2,5 Millionen Euro plus Beteiligung an Einkünften aus seinen Geschäften mit anderen Künstlern für die nächsten drei Jahre angeboten haben. Laut Anklage hat Arafat Abou-Chaker stattdessen für weitere 15 Jahre die Beteiligung an Bushidos Musikgeschäften gefordert. Bushido lehnte ab. Seither streiten sie sich zivilrechtlich - und ab Montag dann auch vor einem Strafgericht. Nach Ansicht der Verteidigung von Arafat Abou-Chaker hängt beides zusammen. 

"Die Verteidigung ist der Auffassung, dass die Ermittlungsbehörden und Strafgerichte zur Durchsetzung zivilrechtlicher Interessen missbraucht werden", sagt Verteidiger Hansgeorg Birkhoff dem SPIEGEL. Der Vorwurf: Bushido instrumentalisiere die Behörden für seine finanziellen Interessen. "Es geht im Kern um Geld und um die Abwicklung eines Geschäftsverhältnisses", sagt Verteidiger Birkhoff. Er sagt auch: "Die Verteidigung wird versuchen, das Verfahren auf den sachlichen Kern zurückzuführen." 

Im Herbst 2013 hatte Bushido dem SPIEGEL die Beziehung zu Abou-Chaker noch nicht als Abhängigkeitsverhältnis dargestellt, sondern als ein normales Geschäftsverhältnis. Sie seien eng befreundet, wie Brüder. Fünf Jahre später, im September 2018, veröffentlicht Bushido das Lied "Mephisto", seine Abrechnung mit Arafat Abou-Chaker. Der Bruder war für den "Rapper" zum Teufel geworden.

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