Bestechungsvorwürfe "Berliner Morgenpost" engagierte LKA-Beamten als Bodyguard
Berlin - Die "Berliner Morgenpost" geht wegen einer Durchsuchung im Büro und der Wohnung ihres Chefreporters gegen die Berliner Justiz vor. Nach SPIEGEL-Informationen nennt eine siebenseitige Beschwerde des Axel-Springer-Verlags die Razzia wegen des Verdachts der Beamtenbestechung "eklatant unverhältnismäßig" und einen "Verstoß gegen das journalistische Beschlagnahmeprivileg". Die Beschwerde wurde bereits am Freitagnachmittag per Fax an die Berliner Justiz übersandt und fordert die sofortige Herausgabe aller beschlagnahmten Beweismittel.
Hintergrund des Streits ist eine Durchsuchung der Staatsanwaltschaft im Büro und der Wohnung des "Mopo"-Chefreporters am frühen Mittwochmorgen. Zunächst hatten etwa fünf bewaffnete Beamte gegen sieben Uhr morgens die Wohnung des Reporters am südlichen Stadtrand von Berlin durchsucht, gegen neun Uhr dann tauchte ein noch größerer Trupp inklusive dem ermittelnden Oberstaatsanwalt in der "Mopo"-Redaktion auf. Fotos von der Aktion zeigen die Beamten beim Durchwühlen von Aktenschränken und dem Schreibtisch des Reporters in der Polizeiredaktion des Regionalblatts.
Beweismittel versiegelt
Sowohl in der Wohnung als auch in der Redaktion im Axel-Springer-Verlag beschlagnahmten die Fahnder Computer, ein iPad, ein Mobiltelefon und mehrere Daten-CDs des langjährigen Mitarbeiters der Zeitung. Laut Staatsanwaltschaft geht man dem Verdacht nach, dass der Reporter einem LKA-Beamten, gegen den bereits seit dem Sommer wegen Geheimnisverrats ermittelt wird, Geld für Informationen über Ermittlungsverfahren gezahlt haben könnte. Im Kern dreht es sich dabei um die mögliche Weitergabe von Details über geplante Aktionen gegen die Berliner Rockerszene. Da die Rechtsabteilung des Verlags noch vor Ort Beschwerde einlegte, sind die Beweismittel versiegelt und dürfen nicht ausgewertet werden.
Aus Sicht der Zeitung hingegen konnten die Bestechungsvorwürfe gegen den Reporter schon beim Eintreffen der Fahnder am Mittwochmorgen entkräftet werden. Zwar zahlte die "Mopo" dem Beamten des Berliner Landeskriminalamts (LKA) tatsächlich 3000 Euro. Dies sei aber keine Bestechung, sondern ein Honorar gewesen, da der Fahnder, ein enger Freund des Reporters, im Jahr 2010 eine gefährliche "Mopo"-Recherche im Kinderhändler-Millieu in den Niederlanden als Bodyguard begleitete. Dafür habe der LKA-Beamte eine ordentliche Rechnung an den Verlag gestellt.
100 Euro für zwei Polizeijacken
Später übergab der Reporter erneut 100 Euro an den LKA-Mann, damit soll er aber lediglich den Kaufpreis für zwei Polizeijacken erstattet haben, die der LKA-Mann ihm besorgt habe. Der Fall schlug auch politisch hohe Wellen: Kurz nach dem Eintreffen der Fahnder im Verlag hatte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) den "Mopo"-Chefredakteur Carsten Erdmann auf dem Mobiltelefon angerufen und über die Ermittlungen der Justiz und die begonnene Durchsuchung informiert. Laut Heilmann hatte ihn die Staatsanwaltschaft wegen der Brisanz des Falls um diesen Anruf gebeten.
Die Durchsuchung in der Redaktion wurde von Journalistenverbänden scharf kritisiert. Durchsuchungen bei Medien sind äußerst selten, da das Verhältnis von Informanten und Reportern rechtlich geschützt ist. Die Berliner Justiz hingegen geht in dem aktuellen Fall tatsächlich davon aus, dass der Reporter der "Morgenpost" für interne Informationen über aktuelle Ermittlungen Geld gezahlt haben könnte. Ein möglicher Fall der Bestechung eines Beamten, so Justizkreise, habe die Durchsuchung gerechtfertigt.