Bluttat von Winnenden Vater des Amokläufers besitzt 15 Waffen
Hamburg - Thomas hat als Kind häufig mit dem Amokläufer gespielt. Der 19-Jährige, der seinen richtigen Namen nicht veröffentlicht sehen möchte, wohnt in der Nachbarschaft von Tim K. Jenem 17-Jährigen, der am heutigen Mittwoch ganz Deutschland schockiert hat - durch seinen Amoklauf an der Albertville-Realschule im baden-württembergischen Winnenden und später im nahen Wendlingen.
In den vergangenen Jahren habe er wenig mit Tim zu tun gehabt, sagte Thomas. Tim K. sei "ziemlich eigen" geworden. Ein ganzes Arsenal von Luftdruckwaffen habe der in seinem Zimmer gelagert. Der 19-Jährige Michael V., der mit dem Amokläufer Tischtennis spielte, fügte hinzu: "Er hatte Tausende Horrorvideos zu Hause." Andere Schüler bezeichnen Tim als still, "kein Wort" habe der sonst von sich gegeben.
K., der Vater des Amokläufers, besitzt als Mitglied eines Schützenvereins laut Polizei legal 15 Schusswaffen. Nachbarn beschreiben ihn als "typischen Patriarchen". Die Tatwaffe seines Sohnes, eine großkalibrige Pistole der Marke Beretta, stammte demnach aus seinem Elternhaus. Bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmten die Beamten einen Computer, um zu sehen, ob sich der Jugendliche auch mit Gewaltspielen beschäftigt hatte.
Tatwaffe lag im Schlafzimmer
Der baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech sagte am Abend, Vater K. habe 15 Waffen in einem Tresor und eine im Schlafzimmer verwahrt. Letztere habe Tim K. an sich genommen. Es könnte also sein, dass sich der Geschäftsführer einer Firma für Verpackungen sich demnächst einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stellen muss.
In Paragraf 36 des Waffengesetzes heißt es nämlich: "Wer Waffen oder Munition besitzt, hat die erforderliche Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen." Nach dem Amoklauf eines Erfurter Gymnasiasten 2002 ist das Waffengesetz zweimal verschärft worden, zuletzt im vergangenen Jahr:
- Besitz und Gebrauch großkalibriger Sportwaffen sind in Deutschland nunmehr statt ab 18 erst ab 21 Jahren erlaubt. Um die für legale Waffenkäufe notwendige Waffenbesitzkarte zu erhalten, müssen Sportschützen körperlich und geistig geeignet sein sowie ein berechtigtes Bedürfnis für den Waffenbesitz nachweisen. Bei großkalibrigen Waffen benötigen Bewerber zwischen 21 und 25 zudem ein psychologisches Gutachten.
- Die notwendige Sachkunde für den Umgang mit Waffen muss mit einer Prüfung nachgewiesen werden. Um ihr berechtigtes Bedürfnis für den Waffenbesitz zu belegen, benötigen Bewerber ein Befürwortungsschreiben ihres Schützenvereins.
- Der Inhaber einer Waffenbesitzkarte darf seine Waffe zu Hause aufbewahren, zum Schießstand transportieren und dort benutzen. Zur Selbstverteidigung oder anderen Zwecken außerhalb des Vereinsgeländes darf die Waffe nicht verwendet werden. Hierfür ist ein Waffenschein notwendig, der üblicherweise für Berufsgruppen wie Polizisten, Personenschützer oder Förster ausgestellt wird.
- Sportschützen mit einer Waffenbesitzkarte können auch mehrere Waffen kaufen, pro Halbjahr in der Regel allerdings höchstens zwei. Die persönliche Eignung und Bedürftigkeit zum Waffenbesitz werden mindestens alle drei Jahre neu geprüft. Die auch als Pumpgun bekannten Repetierflinten mit Pistolengriff, wie sie etwa der Amokläufer von Erfurt dabei hatte, sind seit dem Attentat für alle Sportschützen generell verboten.
- 2008 wurde das Gesetz noch einmal verschärft: Langwaffen müssen seither am Lauf, Kurzwaffen am Griffstück gekennzeichnet werden. Nachkommen müssen legal ererbte Waffen mit einem Blockier-System ausstatten. Täuschend echt aussehende Waffenattrappen und Kampfmesser mit langen Klingen dürfen nicht mehr öffentlich getragen werden. Verstöße gegen das neue Waffengesetz können mit Bußgeld bis 10.000 Euro geahndet werden.
Sportschützen und Jäger dürfen ihre Schusswaffen dennoch weiterhin zu Hause aufbewahren. Die Vorschriften wurden nach dem Amoklauf von Erfurt aber verschärft: Inzwischen sind Wanddicke, Schloss und Härtegrad der Waffenschränke vorgeschrieben. Mindestens 200 Kilogramm muss der Tresor wiegen oder fest am Boden verschraubt sein. Die Forderung, Waffen in Privatwohnungen komplett zu verbieten, scheiterte an der Schützen-Lobby.
Ausgerechnet am heutigen Mittwoch hat die finnische Regierung einen Entwurf für eine Gesetzesreform zur Verschärfung des Waffenrechts vorgestellt. Unter anderem soll das Mindestalter für den Besitz von Handfeuerwaffen von 15 auf 20 Jahre heraufgesetzt werden.
Finnland gehört zu den fünf Ländern mit den weltweit höchsten Anteilen für privaten Waffenbesitz. Im vergangenen Jahr erschoss ein 22-jähriger Mann an einer Berufsschule neun Mitschüler und einen Lehrer. Zehn Monate zuvor hatte ein 18-Jähriger an einem Gymnasium acht Menschen getötet. Über das neue Gesetz soll das Parlament im Juni abstimmen.
Die verheerendsten Amokläufe
Der Begriff Amok kommt von dem malaysischen Wort "amuk" und bedeutet so viel wie "wütend" oder "rasend".
Der 20-jährige Adam Lanza erschießt in einer Grundschule im US-Bundesstaat Connecticut 20 Schüler und sechs Lehrkräfte. Zuvor tötete er seine Mutter.
In einem Kino in Aurora im US-Bundesstaat Colorado eröffnet ein Mann während der Premiere des neues "Batman"-Films das Feuer. Zwölf Menschen sterben, 58 weitere werden verletzt. Der Amokläufer wird festgenommen.
Ein 43-Jähriger tötet am christlichen College von Oikos in Oakland, Kalifornien, sieben Menschen und verletzt drei weitere. Anschließend stellt er sich der Polizei. Die Opfer mussten sich in einer Reihe vor einer Mauer aufstellen, bevor sie hingerichtet wurden.
Im kalifornischen Badeort Seal Beach schießt ein Mann wegen eines Sorgerechtsstreits mit seiner Ex-Frau in einem Friseurladen um sich. Er tötet acht Menschen, darunter die Mutter seines Kindes.
Ein Militärpsychiater eröffnet in der US-Militärbasis Ford Hood in Texas das Feuer und löst die bislang größte Schießerei auf amerikanischem Armeegelände aus. Der Mann tötet 13 Menschen und verletzt 42 weitere, bevor er überwältigt werden kann.
Der Abiturient Georg R. verletzt bei einem Anschlag am humanistischen
Gymnasium Carolinum
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Ansbach
acht Mitschüler und einen Lehrer. Die Tat wurde offenbar lange im Voraus geplant.
Einer Schülerin fügt er eine lebensgefährliche Kopfverletzung zu, eine andere erleidet schwere Brandwunden. Der 18-Jährige selbst wird bei seiner Festnahme durch mehrere Schüsse schwer verletzt.
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