Prozess wegen Volksverhetzung Bremer Pastor Olaf Latzel zu Geldstrafe verurteilt

Er bezeichnete Homosexualität als »Degenerationsform«, den »ganzen Genderdreck« als satanische Sache: Jetzt hat ein Gericht den Bremer Pastor Olaf Latzel wegen Volksverhetzung verurteilt.
Pastor Olaf Latzel im Amtsgericht Bremen

Pastor Olaf Latzel im Amtsgericht Bremen

Foto: Sina Schuldt / dpa

Das Amtsgericht Bremen hat den Pastor der St.-Martini-Gemeinde, Olaf Latzel, am Morgen wegen Volksverhetzung verurteilt.  

Die Vorsitzende Richterin Ellen Best sagte, der 53-jährige Theologe habe in einem sogenannten Eheseminar zum Hass gegen Homosexuelle und Intergeschlechtliche angestachelt. Seine Äußerungen seien Stimmungsmache und könnten als Lizenz zum Handeln gegen diese Menschen verstanden werden, hieß es in der Urteilsbegründung.

Das Gericht verhängte eine Freiheitsstrafe von drei Monaten, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro, also 8100 Euro. Damit lag das Strafmaß unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten 120 Tagessätzen. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert (AZ: 96 Ds 225 Js 26577/20).

Vor Gericht hatte Latzel erklärt, es handele sich um ein Missverständnis. Zwar lehne er eine homosexuelle Lebensweise auf Grundlage der Bibel ab, habe aber nichts gegen Homosexuelle. Mit dem Wort »Verbrecher« habe er »militante Aggressoren« gemeint, die ihn und seine Gemeinde immer wieder attackierten. Doch das Gericht ließ diese Argumentation nicht gelten.

Richterin Best betonte, das Urteil auch vor dem Hintergrund des derzeit herrschenden »Meinungsklimas« getroffen zu haben. Sie appellierte an die Gesellschaft: »Wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass der Umgang miteinander wieder respektvoller wird.«

Anwalt will Rechtsmittel einlegen

Latzels Anwalt kündigte an, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen. Wenn nötig, werde er bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Auf dem Seminar »Biblische Fahrschule zur Ehe« hatte Latzel im Oktober 2019 Homosexualität als eine der »Degenerationsformen der Gesellschaft« bezeichnet. Laut seiner Weltsicht sind Ehebruch, Pornografie-Konsum oder ein Flirt mit der Sekretärin »genauso todeswürdig wie gelebte Homosexualität «.

Auch die Debatte über Geschlechterrollen verunglimpfte Latzel: »Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch«, sagt er in einer Audioaufzeichnung der Veranstaltung. Kinder würden in den Schulen indoktriniert, »diese Homolobby, dieses Teuflische, kommt immer stärker, immer massiver, drängt immer mehr hinein.« Überall liefen »diese Verbrecher rum von diesem Christopher Street Day«.

Evangelische Landeskirche hielt sich zurück

Die Bremische Evangelische Landeskirche hatte im Mai ein Disziplinarverfahren gegen den Pastor eröffnet, es dann aber ruhen lassen. Man wolle das Urteil des Amtsgerichts abwarten, hieß es.

Auf die hasserfüllten Tiraden des Pastors angesprochen, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, dem SPIEGEL : »Intoleranz ist gegen das Evangelium, abwertende und diskriminierende Haltungen dürfen in der Kirche keinen Platz haben.«

In einer Onlinepetition erfährt der Theologe von mehr als 20.000 Unterstützern Rückendeckung, knapp 14.000 Unterzeichner fordern auf einem anderen Portal seine Absetzung.

Latzel war in der Vergangenheit mehrfach in die Kritik geraten, unter anderem, weil er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert hatte. Für bundesweite Schlagzeilen sorgten der erzkonservative Geistliche und seine Gemeinde im Jahr 2008, als sie einer Pastorin die Kanzel verwehrten, weil sie die Ordination von Frauen strikt ablehnen.

ala
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