BGH-Urteil Rauchen auf dem Balkon kann zeitweise verboten werden

Rauchen auf dem Balkon: Verboten bei "wesentlicher Belästigung"
Foto: Uli Deck/ dpaKarlsruhe - Zwischen 12 und 20 Zigaretten waren es, die ein Ehepaar täglich auf dem Balkon seiner Wohnung in Brandenburg rauchte. Der hochziehende Qualm belästigte die darüber wohnenden Nachbarn in dem Mehrfamilienhaus so sehr, dass sie vor Gericht zogen. Nachdem sie mit ihrer Klage zweimal gescheitert waren, hat der Bundesgerichtshof den Klägern nun grundsätzlich recht gegeben: Mietern darf das Rauchen auf ihrem Balkon demnach zeitweise untersagt werden.
Fühlt sich ein Nachbar wegen des Zigarettenqualms wesentlich gestört, bestehe grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch, stellte der BGH in Karlsruhe fest. Was unter einer "wesentlichen Störung" zu verstehen ist, hänge vom Empfinden eines durchschnittlich verständigen Menschen ab. Im Einzelfall müssen darüber dann wieder die Gerichte entscheiden. Die Juristen wiesen den Fall an das Landgericht Potsdam zurück, das die Klage gegen das rauchende Ehepaar in der Berufungsinstanz im März vergangenen Jahres abgewiesen hatte. Zuvor war das Ehepaar bereits vor dem Amtsgericht in Rathenow gescheitert.
Rauchverbot auch bei Gesundheitsgefahren
Die Fronten sind verhärtet zwischen dem Kläger-Paar, das seit 1959 in dem Mehrfamilienhaus wohnt, und dem Raucher-Paar, das erst im November 2011 einzog. Die Nichtraucher fühlten sich von dem Zigarettenqualm der unter ihnen wohnenden Nachbarn gestört und forderten, dass bestimmte Stunden am Tag rauchfrei bleiben müssen, damit sie ihren Balkon auch mal ohne Zigarettenqualm nutzen können. Sie hatten das Rauchen ihrer Nachbarn akribisch mit Zeitprotokollen und Fotos dokumentiert.
Laut BGH müsse in solch einem Nachbarschaftsstreit der Richter vor Ort prüfen, ob der Zigarettenrauch vom Balkon darunter wesentlich stört. Ist das der Fall, hat der Richter nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu entscheiden, wann Raucher auf dem Balkon rauchen dürfen. Dabei muss er "attraktive Zeiten" für einen Balkonaufenthalt etwa im Sommer angemessen verteilen. Raucher könnten ja dann zwischendurch in ihren Wohnungen rauchen, hieß es bei der Urteilsverkündung.
Aber selbst bei einer "unwesentlichen" Geruchsbelästigung können nicht rauchende Mieter gegen Raucher weiter vorgehen: Wenn sie Gesundheitsgefahren durch aufsteigende Rauchpartikel geltend machen und dies durch ein Feinstaub- und Gesundheitsgutachten belegen.
Der Deutsche Mieterbund nahm das Urteil zum Anlass, Nachbarn zu einem fairen Umgang miteinander aufzurufen. Sie sollten aufeinander zugehen und "künftig nicht mit der Stoppuhr die Einhaltung der Raucher- und Nichtraucherzeiten kontrollieren", sagte Verbandsdirektor Lukas Siebenkotten.