Bundesverfassungsgericht Xavier Naidoo durfte Antisemit genannt werden

Musiker und Produzent Xavier Naidoo (Archivbild)
Foto:Uwe Anspach/ dpa
Der Popsänger Xavier Naidoo durfte in einem wissenschaftlichen Vortrag als Antisemit bezeichnet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch einen entsprechenden Beschluss vom 11. November veröffentlicht.
Nachdem eine Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung den Musiker als Antisemiten bezeichnet hatte, war Naidoo juristisch dagegen vorgegangen. Das Landgericht Regensburg sowie das Oberlandesgericht Nürnberg urteilten zu seinen Gunsten. Die Frau reichte Verfassungsbeschwerde ein, die nun erfolgreich war.
Grundrecht auf Meinungsfreiheit verletzt
Die Referentin hatte den bekannten Künstler im Rahmen eines Fachvortrags zum Thema Reichsbürger unter anderem als Antisemiten bezeichnet. Die beiden ersten Instanzen erkannten einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Naidoos und erklärten, die Äußerung habe eine »Prangerwirkung« gehabt. Die Referentin wurde dazu verurteilt, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die getätigte Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten.
Das Bundesverfassungsgericht stellte nun fest: Die Entscheidungen verletzen die Frau in ihrem Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit im öffentlichen Meinungskampf seien von den Gerichten nicht erkannt worden.
»Mit streitbaren politischen Ansichten freiwillig in den öffentlichen Raum begeben«
Im Sommer 2017 hatte die Rechtsextremismus-Expertin einen Vortrag zum Thema »Reichsbürger – Verschwörungsideologie mit deutscher Spezifik« gehalten. Nach dem Vortrag sagte sie auf die Frage, wie sie Naidoo einstufe: »Ich würde ihn zu den Souveränisten zählen, mit einem Bein bei den Reichsbürgern. Er ist Antisemit, das darf ich, glaub ich, aber gar nicht so offen sagen, weil er gern verklagt. Aber das ist strukturell nachweisbar.«
Wer im öffentlichen Meinungskampf zu einem abwertenden Urteil Anlass gegeben hat, müsse eine scharfe Reaktion »auch dann hinnehmen, wenn sie das persönliche Ansehen mindert«, begründete das Verfassungsgericht seine Entscheidung. Der Kläger, also Naidoo, habe sich demnach »mit seinen streitbaren politischen Ansichten freiwillig in den öffentlichen Raum begeben«. Schon deshalb liege die Annahme, die Aussage der Beschwerdeführerin habe eine Prangerwirkung, »völlig fern«.