Ex-Label gegen Rapper Aggro Berlin fordert Unterlassung von Bushido

Rapper Bushido als Zeuge vor Gericht: Juristischer Ärger nach Aussage
Foto: PAUL ZINKEN / AFPDie Gründer des Musiklabels Aggro Berlin werfen Bushido vor, vor Gericht die Unwahrheit gesagt zu haben. Der Rapper, bürgerlich Anis Ferchichi, ist Nebenkläger und zugleich der wichtigste Zeuge im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder vor dem Landgericht Berlin. Die Aggro-Berlin-Gründer Jens Ihlenfeldt ("Spaiche"), Eric Remberg ("Specter") und Halil Efe haben Bushido über ihren Anwalt aufgefordert, zwei seiner Äußerungen nicht zu wiederholen. Aggro Berlin hat eine Unterlassungserklärung von dem Rapper verlangt.
Arafat Abou-Chaker ist angeklagt, weil er Bushido unter anderem geschlagen, eingesperrt und bedroht haben soll. Hintergrund ist ein Zerwürfnis der beiden früheren Geschäftspartner. Auf Aufforderung des Vorsitzenden Richters hatte Bushido am Mittwoch zunächst über den Beginn seiner Karriere gesprochen. Er berichtete, wie stolz er gewesen sei, als Aggro Berlin ihn als Künstler unter Vertrag nahm. Dann erzählte er, warum er sich schließlich von dem Label trennen wollte.
Bushido sagte, Halil Efe habe plötzlich behauptet, von ihm bereits die sogenannten Masterrechte an seinem "King of Kingz"-Album gekauft zu haben. "Das war völliger Unsinn", sagte Bushido vor Gericht. Lediglich 1000 Kopien habe er ihnen verkauft, nicht sämtliche Rechte. Bushido nannte dies als Grund, warum er 2003 entschieden habe, sich von Aggro Berlin zu trennen. Beide Seiten hätten ihre Anwälte eingeschaltet. Schließlich habe Aggro Berlin, so stellt es Bushido dar, 400.000 Euro und die Beteiligung von sechs Prozent an seinen nächsten vier Alben verlangt.
Abmahnung von Aggro Berlin
Aggro Berlin widerspricht den Angaben Bushidos. In der Abmahnung, die dem SPIEGEL vorliegt, heißt es, Aggro Berlin habe "zu keinem Zeitpunkt behauptet, die Masterrechte am Album 'King of Kingz' erworben zu haben. Alle Abrechnungen erfolgten nachweislich vereinbarungsgemäß und korrekt". Auch sei "zu keinem Zeitpunkt eine Zahlung in Höhe von 400.000 Euro beansprucht" worden. Bushido sollte die strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis Freitagabend unterzeichnen. Nach SPIEGEL-Informationen hat er das nicht getan.
"Wie Ihnen bekannt ist, entsprechen diese Behauptungen nicht den Tatsachen", heißt es in dem Schreiben des Aggro-Berlin-Anwalts an Bushido. "Sie haben diese Behauptungen ersonnen, um unsere Mandanten in ein ungünstiges Licht zu rücken". Bushidos Darstellung sei "eine fiktive Begründung" für die Vertragsaufgabe. Es handle sich um "falsche Tatsachenbehauptungen", die für die Aggro-Berlin-Gründer unter anderem geschäftsschädigend seien.
Anwalt Steffen Tzschoppe, der Bushido im Prozess gegen Abou-Chaker vertritt, wollte sich zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten am Sonntag nicht äußern. "Wir geben dazu im Moment keine Stellungnahme ab", sagte er auf SPIEGEL-Anfrage. Auch eine Klage, die die Aggro-Berlin-Gründer gegen Bushido erhoben haben, wollte er nicht kommentieren.
Aggro Berlin wirft Bushido Beleidigung vor
Die Klage, die dem SPIEGEL vorliegt, ging bereits im Dezember 2019 beim Landgericht Berlin ein. Erst im nächsten Frühjahr soll in der Sache vor einer Zivilkammer verhandelt werden.
Aggro Berlin wehrt sich mit der Klage gegen mehrere Behauptungen, die Bushido in seiner Autobiografie und in einem Buch, das seiner CD-Fanbox "Mythos" beilag, aufgestellt haben soll. Auch der Kinofilm "Zeiten ändern dich", in dem Bushido sich selbst spielt, wird erwähnt. Aggro Berlin will die Vervielfältigung und Verbreitung einer Vielzahl von Äußerungen gerichtlich untersagen lassen. Die Kläger machen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend. Auch Beleidigung werfen sie Bushido vor.
Auf den 19 Seiten der Klage taucht gleich mehrfach Bushidos angeblich falsche Darstellung auf, Halil Efe habe behauptet, Bushido habe ihm die Masterrechte an "King of Kingz" verkauft. Auch weitere Äußerungen, die Bushido auch am Mittwoch vor Gericht machte, finden sich in dem Schriftstück wieder und werden von Aggro Berlin als unwahr bezeichnet.
Und es geht auch um den Tag im Mai 2004, an dem Arafat Abou-Chaker dafür sorgte, dass Aggro Berlin eine Vertragsauflösung mit Bushido unterzeichnete. Nach Darstellung von Aggro Berlin kam Bushido damals mit Arafat Abou-Chaker und etwa sechs weiteren Männern ins Studio. Einer der Männer habe "ein machetenartiges Messer" dabei gehabt. Der Wortführer sei Arafat Abou-Chaker gewesen. "Unter Androhung von Gewalt gegen Leib und Leben" soll er zuerst "Specter" zur Unterschrift unter einem mitgebrachten Auflösungsvertrag gezwungen haben. Als Halil Efe hinzugekommen sei, sei diesem ins Gesicht geschlagen worden. Auch Efe habe den Vertrag daraufhin unterschrieben, allerdings nicht mit seinem Namen, sondern mit "hayir", dem türkischen Wort für "Nein". Dann sei "Spaiche" im Studio erschienen. Und auch ihm sei Gewalt angedroht worden, sodass auch er unterschrieben habe. So schildert es ihr Anwalt in der Klageschrift.
Aggro Berlin wehrt sich dagegen, dass Bushido "den Überfall", wie es in der Klage heißt, in der Öffentlichkeit "quasi als Notwehr" und die Labelgründer "als gierige Abzocker" darstelle, die ihn durch einen "Knebelvertrag" an sich gebunden hätten. Dies entspreche nicht der Wahrheit.
Im Prozess gegen Abou-Chaker soll sich Bushido voraussichtlich an diesem Montag dazu äußern, wie und warum Arafat Abou-Chaker in sein Leben trat und wie genau dieser es erreicht hat, dass Aggro Berlin den Auflösungsvertrag unterzeichnete.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es in der Überschrift, Aggro Berlin fordere Schadensersatz von Bushido. Tatsächlich behält sich die Firma diesen Schritt vor. Wir haben die Überschrift daher angepasst.