Prozess gegen Clanchef Abou-Chaker Rapper unter Polizeischutz

Bushido als Nebenkläger im Gerichtssaal: Mit seinem früheren Geschäftspartner überworfen
Foto: Pool / Getty ImagesBewaffnete Polizisten mit Sturmhaube versperren den Weg zu Bushido. Der Rapper ist Nebenkläger im Prozess gegen Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder, Nasser, Yasser und Rommel, der am Montag unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen vor der 38. Großen Strafkammer des Landgerichts Berlin begonnen hat. Während Clanchef Arafat Abou-Chaker noch ins Café gegenüber dem Gerichtsgebäude schlendert, wartet Bushido mit seinen beiden Anwälten in einem Raum neben dem Sitzungssaal 500 auf den Beginn der Hauptverhandlung. Vor dem Raum sind vier breitschultrige Polizisten postiert. Bushido fürchtet um seine Sicherheit und die seiner Familie. Die Behörden halten seine Sorge offensichtlich für berechtigt.
14 Jahre lang waren Bushido und Arafat Abou-Chaker Geschäftspartner und enge Freunde, bis Bushido 2017 die höchst lukrative Beziehung beendete. Eine einvernehmliche Trennung war das nicht. Der eine steht nun unter Polizeischutz, der andere ist Angeklagter in einem Strafprozess.
In Polizeibegleitung wird Bushido, der mit bürgerlichem Namen Anis Ferchichi heißt, um 10.40 Uhr in den Saal geführt. Die Angeklagten und ihre Verteidiger haben bereits Platz genommen. Alle bleiben ruhig. Es gibt keine Beschimpfungen, keine Pöbeleien, gar nichts. Gelassen bis gelangweilt hören die Abou-Chakers sich die Anklage an, die die Oberstaatsanwältin Petra Leister vorträgt. Hin und wieder werfen sich Arafat und Nasser Abou-Chaker Blicke zu. Etwa als Leister die halb volle Plastikwasserflasche erwähnt, mit der Arafat Abou-Chaker Bushido ins Gesicht geschlagen haben soll. Die Angeklagten wirken ein wenig amüsiert.
Arafat Abou-Chaker, 44, ist unter anderem wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue angeklagt. Seinen Brüdern wird vor allem Mittäterschaft und Beihilfe zu einzelnen Taten vorgeworfen.
Der Hauptvorwurf der Anklage bezieht sich auf ein Ereignis am Abend des 18. Januar 2018. Arafat Abou-Chaker soll Bushido - die Staatsanwaltschaft nennt ihn "Sprachgesangskünstler " - in ihr gemeinsames Büro in Berlin-Teltow beordert haben. Er soll die Tür von innen verschlossen und Bushido bedroht haben. "So, du Bastard, du wirst hier erst wieder lebend rauskommen, wenn du uns die Wahrheit gesagt hast", zitiert die Oberstaatsanwältin. Abou-Chaker soll Bushido aufgefordert haben, sich mit mehr als zwei bis drei Millionen Euro freizukaufen, andernfalls müsse er bis an sein Lebensende zahlen.
Angeblich durfte Bushido den Raum erst nach mehr als vier Stunden verlassen
Zwischendurch habe Arafat Abou-Chaker Bushido mit einer halb vollen 0,5-Liter-Plastikflasche ins Gesicht geschlagen und einen Stuhl nach ihm geworfen. Leister sagt: "Der Zeuge Ferchichi fühlte sich akut bedroht, fürchtete insbesondere um die körperliche Unversehrtheit seiner Frau und seiner Kinder." Abou-Chaker solle gedroht haben: "Erst ficke ich deine Mutter, dann ficke ich deinen Vater, dann ficke ich deine Kinder und wenn ich damit fertig bin, ficke ich dich." Erst nach mehr als vier Stunden habe Bushido den Raum verlassen dürfen.
Bushidos Frau, Anna-Maria Ferchichi, Schwester von Sängerin Sarah Connor, soll Arafat Abou-Chaker noch in derselben Nacht gedroht haben, ihn und seine Brüder ins Gefängnis zu bringen. Tatsächlich ging sie wenige Tage später zur Polizei. Es dauerte etwas länger, bis sich auch Bushido entschloss, gegen Arafat Abou-Chaker auszusagen.
Kfz-Mechaniker habe er als Beruf gelernt, sagt der Angeklagte nun auf die Frage des Vorsitzenden Richters Martin Mrosk. Aktuell verdiene er sein Geld durch "Vermietung und Verpachtung" von Immobilien. Das Musikbusiness erwähnt Abou-Chaker nicht. Yasser und Nasser Abou-Chaker sagen, sie seien arbeitslos. Rommel Abou-Chaker gibt als seinen Beruf "Angestellter" an.

Angeklagter Arafat Abou-Chaker im Berliner Landgericht: Er soll Bushido mit einer Plastikflasche geschlagen haben
Foto: RAINER KEUENHOF/POOL/EPA-EFE/ShutterstockAnis Ferchichi alias Bushido hört sich alles ruhig an. Er wirkt gelassen, eine besondere Anspannung ist ihm nicht anzumerken. Hin und wieder nestelt er an seinem Mund-Nase-Schutz. Manchmal blickt er hinüber zu Arafat Abou-Chaker. Das Gericht hatte ursprünglich geplant, Bushido schon am nächsten Verhandlungstag, am Mittwoch, als Zeugen zu hören. Nun hat es stattdessen die Frau des Angeklagten Yasser Abou-Chaker als Zeugin geladen.
Einer der Brüder sitzt in Untersuchungshaft - in einem anderen Fall
Hintergrund ist vermutlich der Antrag der Verteidigung, die Staatsanwaltschaft möge dem Gericht und damit auch der Verteidigung vor der Aussage von Bushido und seiner Frau zunächst die Protokolle sämtlicher Vernehmungen der beiden zur Verfügung stellen. Sie beantragt auch, die Akte eines Ermittlungsverfahrens gegen Bushido beizuziehen. Vom Verdacht der Geldwäsche ist die Rede.
Oberstaatsanwältin Leister sagt zu, noch einmal zu prüfen, ob in den Akten noch Vernehmungen fehlen. Sie sagt, es gebe sehr viele Vernehmungen von Bushido. Und sie erwähnt auch, dass sich aus dessen Angaben "Verdachtsmomente für 16 bis 20 weitere Verfahren" ergeben hätten. Sie nennt den Namen eines Kriminalhauptkommissars. Der Beamte des Landeskriminalamtes ist Experte auf dem Gebiet Immobilien als Mittel der Geldwäsche. Es klingt, als könnte Bushido den Abou-Chakers noch weitere Gerichtsprozesse bescheren.

Polizisten im Berliner Landgericht
Foto: Paul Zinken / dpaNach etwa einer Stunde ist der erste Verhandlungstag vorbei. Bushido wird von den Polizisten als Erster aus dem Saal geführt. Wieder verschwindet er im Nebenraum, vor dem sich die Wachen postieren. Nur Yasser Abou-Chaker sitzt wegen einer anderen Sache in Untersuchungshaft, er soll in Dänemark einen Mann mit einem Messer angegriffen haben. Seine drei Brüder verlassen das Gericht gegen viertel vor zwölf Uhr durch den Haupteingang. In die zahlreichen Kameras, die dort auf sie warten, wollen sie nichts sagen. Ihre Verteidiger hatten zuvor schon im Saal auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob die Angeklagten sich zur Sache einlassen, gesagt, dass sie vorerst schweigen werden.