Terrorgefahr in Castrop-Rauxel Ermittler finden auch in Garage von fest­genommenem Iraner kein Gift

Zwei Iraner sollen einen islamistischen Anschlag mit Giftstoffen geplant haben. Bei einer Durchsuchung entdeckten Beamte nach SPIEGEL-Informationen ein zunächst verdächtiges Paket. Doch darin befand sich kein Gift.
In diesem Haus wurde einer der Verdächtigen in der Nacht zu Sonntag festgenommen: Ermittler fanden nun bei der Durchsuchung zweier Garagen ein verdächtiges Päckchen

In diesem Haus wurde einer der Verdächtigen in der Nacht zu Sonntag festgenommen: Ermittler fanden nun bei der Durchsuchung zweier Garagen ein verdächtiges Päckchen

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INA FASSBENDER / AFP

Bei ihren Ermittlungen gegen zwei terrorverdächtige Iraner sind die Behörden in Nordrhein-Westfalen am Morgen auf ein zunächst verdächtiges Päckchen gestoßen. Polizisten fanden das Paket nach SPIEGEL-Informationen bei der Durchsuchung einer Garage in Castrop-Rauxel. Ein Nachbar habe den Hinweis auf die Garage gegeben, heißt es in Sicherheitskreisen. Zudem erreichte die Behörden ein Hinweis auf eine mögliche Sprengfalle in einer weiteren Garage, die mutmaßlich von dem Brüderpaar genutzt wurde. Das betroffene Gelände wurde teilevakuiert und weiträumig abgesperrt, die Untersuchungen laufen.

Wie der SPIEGEL aus Sicherheitskreisen erfuhr, wurde in dem Päckchen kein Gift gefunden.

Behördenkreise: Möglicherweise fehlte eine Zutat zur Herstellung des Gifts

Die beiden sunnitischen Iraner werden verdächtigt, einen Anschlag mit den Giftstoffen Rizin und Cyanid geplant zu haben. Bei einem nächtlichen Antiterroreinsatz wurden die Beschuldigten in der Nacht zum Sonntag festgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt wegen des Verdachts der Verabredung zum Mord. Beide Männer kamen in Untersuchungshaft.

Nach SPIEGEL-Informationen soll das FBI den ersten Tipp zu den nun Festgenommenen bereits an Weihnachten an deutsche Stellen gegeben haben. Offenbar hatten die Amerikaner die Telegram-Chatgruppe infiltriert, in der sich die beiden mutmaßlichen Täter zunächst nach Bombenbauplänen und später nach Giftstoffen erkundigt haben sollen. Es gab demnach zunächst Hinweise darauf, dass die Brüder wohl an Silvester zuschlagen wollten. Allerdings habe ihnen womöglich noch eine Zutat zur Herstellung des Gifts gefehlt, die erst nach dem Jahreswechsel geliefert worden sein könnte, heißt es in Behördenkreisen. Einer der beiden Brüder soll polizeilich bereits mehrfach in Erscheinung getreten und aktuell in psychiatrischer Behandlung gewesen sein.

Bei dem Hauptverdächtigen handelt es sich nach SPIEGEL-Informationen um Monir J., einen 32-jährigen Flüchtling. Aus den Telegram-Chats lässt sich schließen, dass er mutmaßlicher IS-Sympathisant ist. Ein Nachbar beschrieb ihn als ruhigen, unauffälligen jungen Mann.

Nach SPIEGEL-Informationen reiste J. im Jahr 2015 nach Deutschland ein und bat um Asyl. Bei seiner Anhörung soll er sich als in Iran verfolgter Christ ausgegeben haben. Offenbar glaubten die Behörden seine Geschichte: Bereits zweimal erteilten sie ihm eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis. Der aktuelle Titel ist noch bis Ende Juli gültig.

J.s jüngerer Bruder unter anderem wegen versuchten Mordes verurteilt

Nun wurde außerdem bekannt, dass der zweite Festgenommene, J. jüngerer Bruder, bereits 2019 unter anderem wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Haft verurteilt worden ist. Auch zum Zeitpunkt seiner Festnahme in der Nacht zum Sonntag im Ruhrgebiet war er noch nicht auf freiem Fuß: Er war nach wie vor in einer Entziehungsanstalt in Hagen untergebracht, durfte aber angesichts einer Lockerung am Wochenende teils bei Familienangehörigen übernachten. Das teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dortmund am Montag mit. Zuvor hatte das »Westfalen-Blatt« darüber berichtet.

Der heute 25-Jährige hatte laut der Staatsanwaltschaft im Juli 2018 nachts einen großen Ast von einer Brücke auf die Autobahn 45 geworfen. Er traf damit ein Auto, die damals 32 Jahre alte Fahrerin wurde durch Glassplitter verletzt. Bei der Tat war er betrunken. Vor der Tat war der Mann aus einem Linienbus geworfen worden, weil er während der Fahrt Alkohol getrunken hatte.

Wegen seiner Suchterkrankung ordnete das Gericht 2019 an, dass er nach eineinhalb Jahren in Haft in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird. Der Mann habe laut der Klinik zwar Fortschritte gemacht, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag. Die Staatsanwaltschaft habe aber zuletzt Ende November beantragt, dass die Unterbringung anzudauern habe. Eine solche Unterbringung muss halbjährlich überprüft werden. Laut der Staatsanwaltschaft hatte der Mann mittlerweile aber einen »Übernachtungsstatus« – eine Lockerung, die ihm erlaubt, am Wochenende auch mal bei Angehörigen zu bleiben. Der Mann war in der Nacht zum Sonntag gemeinsam mit seinem 32-jährigen Bruder in dessen Wohnung in Castrop-Rauxel festgenommen worden.

dpa/rol/tgk
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