

Los Angeles - Hochstapelei, Entführung. Mord? Die Liste der kriminellen Verfehlungen von Christian Karl Gerhartsreiter scheint offenbar länger als bislang gedacht. Der als "falscher Rockefeller" bekannte Deutsche muss sich in den USA nun auch wegen Mordes vor Gericht verantworten. Dem 50-Jährigen wird der Mord an einem Mann aus San Marino vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Gerhartsreiter sitzt bereits wegen der Entführung seiner Tochter im Gefängnis.
Das Opfer namens John Sohus wurde zuletzt Anfang 1985 gesehen. Kurze Zeit später verschwand auch ein Mann, der sich Christopher Chichester nannte und in einem Gästehaus von Sohus gewohnt hatte. Chichester war eine der Tarnidentitäten Gerhartsreiters.
Im Mai 1994 wurde ein in drei Teile zerstückeltes und in Plastiktüten verpacktes Skelett im Garten des Hauses gefunden. Die Knochen waren dort vergraben worden. Später wurden die Leichenteile als Sohus identifiziert. Den Ermittlungen zufolge erlitt er tödliche Schläge auf den Kopf.
Wegen Entführung seiner Tochter bereits zu fünf Jahren Haft verurteilt
2008 wurde der Mordfall von der Polizei noch einmal aufgerollt. Mit Hilfe neuer Methoden sollte die DNA eines größeren Blutflecks, der 1994 in dem Gästehaus des vermutlich ermordeten Paares entdeckt wurde, mit neuen Methoden analysiert werden.
Die Staatsanwaltschaft von Los Angeles forderte am Dienstag die Auslieferung Gerhartsreiters aus dem US-Bundesstaat Massachusetts, wo er eine fünfjährige Haftstrafe absitzt. Gerhartsreiter war 2009 wegen der Entführung seiner Tochter von einem Gericht in Boston verurteilt worden.
Der aus Bergen am Chiemsee stammende Gerhartsreiter war in den USA jahrelang unter dem falschen Namen Clark Rockefeller aufgetreten und reiste nach Erkenntnissen der US-Behörden vor drei Jahrzehnten in die USA ein. Anschließend gab er sich eine ganze Reihe falscher Namen und gefälschter Identitäten - unter anderem gab er sich als Schauspieler, Mathematiker, Börsenmakler oder Herzchirurg aus.
Zuletzt nannte er sich Clark Rockefeller und behauptete, er gehöre der legendären US-Milliardärsfamilie an. Mit seiner Phantasie-Geschichte, seiner Intelligenz und seinem Charme gewann der vermeintliche Rockefeller 1993 das Herz der Harvard-Absolventin Sandra Boss. 1995 heiratete das Paar, ließ sich 2007 aber wieder scheiden.
Die amerikanischen Behörden waren ihm aber nicht wegen der falschen Namen auf die Spur gekommen, sondern wegen der Entführung seiner Tochter. Der Entführung waren die Scheidung von seiner Frau und ein erbitterter Sorgerechtsstreit vorausgegangen.
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Fahndungsfotos des Los Angeles Sheriff's Department: Christian Karl Gerhartsreiters vielen Gesichter - und Namen.
Gerhartsreiter, auch bekannt als "falscher Rockefeller", ging der Polizei 2008 zunächst wegen der Entführung seiner Tochter ins Netz.
Am 12. Juni 2009 wurde Gerhartsreiter von einem Gericht in Boston bereits zu mindestens vier Jahren Gefängnis verurteilt.
Anhörung in Boston: Gerhartsreiter (r.) gemeinsam mit seinem Anwalt Stephen Hrones (l.). Der falsche Rockefeller hat in der Vergangenheit alle getäuscht - auch seine Frau.
John und Linda Sohus: Das Paar verschwand 1985 spurlos - zuvor war ein Mann namens Christopher Chichester bei ihnen eingezogen. Die Ermittler glauben, dass es sich bei ihm um Gerhartsreiter gehandelt hat.
Das Haus der Sohus in Kalifornien: Auf dem Grundstück fand man 1994 eine zerstückelte Leiche. Gerhartsreiter lebte im Gartenhaus.
Gerhartsreiters Yacht im Hafen von Baltimore: Er verkehrte in der New Yorker High Society.
Gerhartsreiter und Tochter Reigh: Der 47-Jährige entführte seine Tochter bei einem Treffen, das unter Aufsicht eines Sozialarbeiters stattfand.
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