Verbot von Straßenprostitution in Dortmund Gegen den Strich

Prostituierte in Dortmund (Foto von 2011): Verwaltungsrichter bestätigen Verbot
Foto: Sebastian Konopka/ dpaDas stadtweite Verbot des Straßenstrichs in Dortmund ist rechtens. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entschieden. Dort wurde das Verbot auf Betreiben der Stadt Dortmund in zweiter Instanz verhandelt. Vor allem ging es darum, ob der alte Straßenstrich in der Ravensberger Straße in der Nordstadt wieder geöffnet werden muss.
Hintergrund des Streits: Der Straßenstrich hatte solche Ausmaße angenommen, dass die Stadt 2011 ein Verbot aussprach - und zwar für die gesamte Stadt. Dagegen klagte die Prostituierte "Dany" und erstritt 2013 immerhin einen Teilerfolg. Alternative Standorte müssten geprüft werden, urteilte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen damals. Das wiederum akzeptierte die Stadt nicht und ging in Berufung.
Die Münsteraner Richter ließen sich nun von den Argumenten der Stadt überzeugen, wonach es in Dortmund keine geeigneten Flächen für Straßenprostitution gebe, die weit genug von schutzwürdigen Stellen wie Kindergärten, Sportplätzen, Kirchen oder Schulen entfernt seien.
Das Verbot diene dem Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands, befanden die Richter . Die Prognose der Bezirksregierung Arnsberg, ein Straßenstrich an jeder anderen Stelle werde vergleichbare Dimensionen annehmen wie der frühere Straßenstrich an der Ravensberger Straße, sei nicht zu beanstanden.
Es sei davon auszugehen, dass ein solcher Straßenstrich immer auch schutzbedürftige Gebiete betreffe. Unbeteiligte Dritte wie Kinder würden dann mit der Ausübung der Prostitution und "unliebsamen Begleiterscheinungen" konfrontiert.
Zuzug aus Osteuropa ließ Zahl der Prostituierten ansteigen
Der Anwalt der Prostituierten "Dany" sprach von einer möglichen Signalwirkung für andere Städte im Ruhrgebiet. Gegenüber SPIEGEL ONLINE kündigte er an, in der Sache in die nächste Instanz und damit vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen zu wollen. "Man muss nämlich auch beachten, dass mit dem Straßenstrich-Verbot zugleich das Grundrecht auf freie Berufswahl verletzt wird", so Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler. "Das Interesse der Frauen spielt in den Erwägungen der Behörden leider keine Rolle."
Vor einigen Jahren hatte der massenhafte Zuzug von neuen EU-Bürgern aus Bulgarien und Rumänien den Betrieb am Straßenstrich in der Ravensberger Straße enorm ansteigen lassen. Hunderte Frauen boten dort ihre Dienste an. Als sich die Zahl der Prostituierten verdoppelte und verdreifachte, veranlasste die Verwaltung 2011 das Verbot.
Das Komplettverbot war nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen 2013 jedoch unwirksam. Es sei nicht ersichtlich, warum in einer so großen Stadt wie Dortmund die Straßenprostitution keinen Platz finden könne, befand damals die Kammer. Auf die Prüfung alternativer Standorte wollte sich die Stadt nicht einlassen und ging zusammen mit der Bezirksregierung Arnsberg gegen das Urteil in Berufung - mit Erfolg, wie sich nun zeigte.
Az. 5 A 1188/13
VG Gelsenkirchen: 16 K 2082/11
Mit dem Prostitutionsgesetz wollte die frühere rot-grüne Bundesregierung die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern. Vor Einführung des Gesetzes am 1. Januar 2002 galt käufliche Liebe als sittenwidrig.
Seither können Prostituierte ihren Lohn einklagen. Paragraf 1 regelt, dass für "sexuelle Dienste ein Anspruch auf Zahlung der versprochenen Gegenleistung besteht". Paragraf 3 ermöglicht Prostituierten die Aufnahme in die Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Grundsätzlich zulässig war Prostitution in Deutschland schon vorher, einen Anspruch konnte aber weder Kunde noch Dienstleister geltend machen. Mit Einführung des Gesetzes wurde die Bundesrepublik zu einem der liberalsten Länder weltweit. Landesregierungen und Kommunen können Prostitution durch Sperrbezirksverordnungen in bestimmten Gebieten verbieten. Häufiger Grund ist der Jugendschutz.
Kritiker bemängeln, das Gesetz fördere die Zwangsprostitution.