Ende einer Entführung Polizei befreit Bernd das Brot
Erfurt - Es darf bezweifelt werden, dass Bernd das Brot sich über seine Befreiung freut: Miese Laune und eine stabile Grunddepression gehören zu den Merkmalen der trotzdem beliebten Kunstfigur. Eine rund zwei Meter große Darstellung des kurzarmigen Kastenbrotes, die seit Sommer 2007 als Touristenattraktion ihren Stammplatz vor dem Erfurter Rathaus hat, war vor elf Tagen von Unbekannten entführt worden.
Am frühen Sonntagnachmittag wurde Bernd das Brot zufällig in einem Kellergewölbe in Nohra im Landkreis Weimar entdeckt, berichtete der MDR. Die Weimarer Polizei bestätigte die Angaben: Dem ersten Eindruck nach sei Bernd unversehrt. Allerdings liege die Figur und man habe zunächst nur die Vorderseite begutachten können. "Kriminalisten sind bei ihm. Er ist es definitiv, und er ist unverletzt", sagte am Sonntag der Sprecher der Erfurter Polizei, Manfred Etzel. Zur Befreiung des mürrisch wirkenden Kastenbrots mit den viel zu kurzen Armen hätten Jugendliche beigetragen.
Die "Thüringer Allgemeine" berichtet, fünf junge Leute vom Verein "Flugplatz Nohra" seien auf dem Gelände unterwegs gewesen, um in den Gebäuden, die abgerissen werden sollen, Zeitzeichen zu dokumentieren und zu sichern.
Dabei hätten sie Bernd entdeckt und die Polizei alarmiert. "Da liegt Bernd", soll ein Anrufer gesagt haben. Mit der Identifizierung von Bernd, der bis zum 21. Januar vor dem Rathaus in Erfurt stand, gab sich die Polizei viel Mühe. Er sei auch vermessen worden, sagte der Sprecher. "Wir wollten sichergehen, dass es nicht ein Doppelgänger ist." Wie der 125 Kilogramm schwere Bernd in das Gewölbe gekommen ist, sei noch völlig unklar.
Eine Gruppe von Hausbesetzern, die mit dem Verschwinden des depressiven Kastenweißbrots in Verbindung gebracht wurde, dementierte ihre Beteiligung. Auf der Internet-Videoplattform YouTube war zeitweilig ein Bekennervideo zu sehen, in dem behauptet wurde, die Figur sei von Jugendlichen entwendet worden, die seit 2001 das Gelände der früheren Firma Topf & Söhne in Erfurt besetzt hielten. In den Tagen nach der Entführung hatte jemand ein Pappschild mit der Abbildung des Brotes in einen Zaun des besetztes Gebäudes gehängt. Die Aufschrift "Hier bin ich Brot, hier darf ich sein" war als weiteres Verdachtsmoment gewertet worden.
Die Hausbesetzer erklärten jedoch im MDR, sie hätten nichts mit der Entführung zu tun. Die Aktion gehe wohl auf das Konto von Sympathisanten (der Hausbesetzer, nicht des Brotes). Das Bekennervideo bei YouTube ließ der MDR durch seine Anwälte mit urheberrechtlicher Begründung mehrmals sperren. Zurzeit gibt es keine im Netz abrufbare Version.
Kein Werbegag
Der Erfinder der mit einem Grimme-Preis ausgezeichneten TV-Kultfigur, Thomas Krappweis, appellierte an die Entführer, das kurzarmige Kastenbrot freizulassen. Der arme Kerl habe genug zu leiden, sagte Krappweis der "Süddeutschen Zeitung". Bernd sei zuvor bereits beschmiert und umgeworfen worden.
"Entführungen, und seien es auch nur Entführungen von Brot, halte ich für das falsche Mittel, um politische Ziele durchzusetzen", sagte Krappweis.
Von einer inszenierten PR-Aktion sei ihm nichts bekannt, sagte Krappweis. Offenbar habe ein Bernd-Fan das vermeintliche Bekennervideo produziert, denn er habe Töne aus Folgen verwendet, die vor langer Zeit gesendet worden seien. Auch Kika-Chef Steffen Kottkamp stellte klar: "Bernd findet Entführungen Mist, ganz besonders seine eigene. Alles was er will, ist wieder an seinen Platz zurück." Fans starteten sogar eine Unterschriftenaktion im Internet, in der sie die sofortige Rückgabe von Bernd und dessen Wiederaufstellung in Erfurt verlangen sowie die Stadt aufforderten, in Zukunft alle Beschmutzungen, Beschädigungen und Entführungen von Bernd zu verhindern.
Homo Brotus Depressivus
Bernd das Brot ist seit dem Jahr 2000 im Kika zu sehen. Richtig bekannt wurde er jedoch erst 2003, als der Kika in der offiziell sendefreien Zeit von 21 bis 6 Uhr eine Schleife mit ausgesuchten Bernd-Filmen zeigte. Der kurzarmige Bernd - seine Hände befinden sich direkt am Körper - gehört nach eigenen Aussagen der Gattung des "Homo Brotus Depressivus" ("depressiver Brot-Mensch") an.
Im Jahr 2004 wurde "Bernd das Brot" mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet, weil er nach Ansicht der Jury "das Recht auf schlechte Laune" vertritt. Er widersetze sich "stellvertretend für uns dem Gute-Laune-Terror, der unaufhörlich aus dem Fernseher dröhnt und quillt", hieß es in der Begründung.
Viele Kinder hatten den Diebstahl der Kultfigur bei einer Online- Abstimmung des Kika als "Riesenmist!" bewertet und seine Rückkehr verlangt. Die solle nun auch so schnell wie möglich erfolgen, hieß es von Seiten der Polizei. Die Erfurter Figur von Bernd das Brot war zum zehnjährigen Senderjubiläum aufgestellt worden und hatte sich schnell zu einer Touristenattraktion entwickelt.