Enthauptung im Greyhound-Bus 40-Jähriger Kanadier schweigt vor Gericht

Der 40-jährige Mann, der in einem kanadischen Bus seinen Sitznachbarn erstach und ihm den Kopf abtrennte, ist erstmals angehört worden. Mit Kratzern, Schwellungen und einer verbundenen Hand erschien er im Gerichtssaal. Während der gesamten Vernehmung sprach er kein Wort.

Portage La Prairie - Die kanadische Polizei teilt auf ihrer Website mit, dass der 40-jährige Vince Weiguang Li verhaftet wurde. Am Freitag vormittag (Ortszeit) wurde er erstmals dem Haftrichter vorgeführt. Der Mann, der in einem Greyhound-Bus seinen Sitznachbarn erstach und ihm den Kopf abtrennte, erschien mit zerkratztem und geschwollenem Gesicht. Seine rechte Hand war verbunden, schreiben kanadische Medien.

Bei der kurzen Anhörung im Provinzgericht von Manitoba in Portage-La-Prairie sprach er kein Wort. Auf die Fragen des Richters nickte er nur oder schüttelte mit dem Kopf. Gegen ihn wurde Anklage wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz erhoben. Da er noch keinen Verteidiger hatte, wurde für den kommenden Dienstag eine neue Anhörung angesetzt. Es wurde erwartet, dass die Staatsanwaltschaft dann eine psychiatrische Untersuchung des Mannes beantragen würde.

Li hatte an Bord eines Greyhound-Busses in der Nacht zu Donnerstag (Ortszeit) ein unvorstellbareres Blutbad angerichtet. Wie Mitreisende berichteten, soll sich Li, der zunächst "völlig normal" gewirkt habe, auf seinen 22-jährigen Sitznachbarn gestürzt haben, der mit Kopfhörern über den Ohren schlief. "Wie ein Roboter", so berichtete ein Zeuge, habe Li auf den Schlafenden eingestochen - 40- bis 50-mal.

Nachdem der Bus zum Stehen gekommen war und alle 35 Passagiere ins Freie geflüchtet waren, habe Li begonnen, seinem Opfer den Kopf abzuschneiden und diesen später den entsetzten Menschen vor dem Bus präsentiert.

Die kanadische Polizei, die sich bislang nicht zu Einzelheiten des Tathergangs äußerte, teilte mit, die Leiche des Opfers werde am heutigen Freitag gerichtsmedizinisch untersucht.

Die amerikanische TV-Sender CNN berichtete, es handele sich bei dem Ermordeten um den 22-jährigen Tim McLean aus dem kanadischen Winnipeg.

Eine Facebook-Gruppe veröffentlichte am frühen Freitagmorgen auf der Netzwerk-Web-Seite eine Beileidsbekundung: "Ruhe in Frieden, Tim McLean: Du wirst geliebt und innig vermisst werden." McLeans Vater, Tim McLean Senior, sagte dem Sender CNN am Donnerstagabend, er versuche, von der Polizei eine Bestätigung zu erhalten, ob es sich bei dem Opfer um seinen Sohn handele.

Noch aus dem Bus soll Tim McLean seinen Eltern eine SMS geschickt und gefragt haben, ob er die Nacht bei ihnen verbringen könne. Der 22-Jährige hatte in Edmonton auf einer Ausstellung gearbeitet. Die Eltern stimmten erfreut zu - und hörten nie wieder von ihrem Sohn.

Der 23-jährige William Caron sagte der "Canadian Press", er kenne McLean seit der gemeinsamen Schulzeit. "Ich wusste, dass er von einer Ausstellung zurückkehren sollte. Mein Bruder sollte ihn am Busbahnhof abholen, aber er kam nie an." Caron und seine Frau kondolierten via Facebook. "Wir lieben dich so sehr", schrieb Jodi Caron. "Die Kinder werden dich so sehr vermissen, ebenso wie William und ich. Du warst ein großartiger Mensch, immer glücklich, geliebt und eine faszinierende Persönlichkeit."

Die brutale Messerattacke war nicht die erste in der Geschichte des Busunternehmens: Im Jahr 2001 erstach ein Greyhound-Passagier in Tennessee einen Busfahrer und verursachte dadurch einen schweren Unfall.

Ein ehemaliger Angestellter des Busbahnhofs in Edmonton sagte dem "Edmonton Journal", er habe seinen Job unter anderem wegen der mangelhaften Passagierüberwachung gekündigt. "Alles ist offen. Man kann alles, was man will, mit an Bord nehmen oder im Gepäckraum verstauen", empörte sich Darcey Kolewaski. Wenn man bis zu 50 Menschen, die bisweilen unter Alkoholeinfluss stehen, auf engem Raum zusammenpferche, könne alles passieren. "Ich wundere mich, dass nicht noch mehr passiert." In Edmonton setzt man nach dem schrecklichen Vorfall verstärkt auf Überwachungskameras. In rund 200 Bussen des staatlichen Verkehrsunternehmens Edmonton Transit (ETS) sollen die elektronischen Späher installiert werden. Langfristig hofft man die gesamte Flotte mit mehr als 880 Fahrzeugen mit Kameras bestücken zu können.

Das Unternehmen Greyhound hat mittlerweile eine Eklärung veröffentlicht, in der es heißt, man werde die Polizei in vollem Umfang bei deren Ermittlungen unterstützen, um zu klären "warum dieses furchtbare Verbrechen geschah". Man drücke der Familie des Opfers tiefste Anteilnahme aus.

amz/pad/ala

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