Entmündigte L'Oréal-Erbin Bettencourt Madame möchte die Flatter machen

Ihre Tochter ließ sie entmündigen, aber den Mund lässt sich die Mutter dennoch nicht verbieten: Die Milliardärin Liliane Bettencourt kündigte bereits kurz nach der Entscheidung des Gerichts Widerstand an. Jetzt stellt sich vor allem die Frage: Flüchtet die alte Dame aus Frankreich?
Mutter und Tochter Bettencourt im März: "Sie soll ihre Schikanen beenden"

Mutter und Tochter Bettencourt im März: "Sie soll ihre Schikanen beenden"

Foto: Thibault Camus/ AP

Paris - Sie gibt nicht klein bei: Liliane Bettencourt kündigte nur wenige Stunden nach ihrer Entmündigung Widerspruch gegen die Entscheidung an. Bettencourt senior, die diese Woche 89 Jahre alt wird, will nach wie vor selbst entscheiden, was sie mit ihrem Geld anstellt. Die milliardenschwere Hauptaktionärin des Kosmetikkonzerns L'Oréal hat ihrer einzigen Tochter bereits vor zwei Wochen einen "Atomkrieg" angedroht, sollte die ihre "Schikanen" nicht beenden. Dieses Szenario dürfte eher unwahrscheinlich sein. Aber zudem hatte sie bereits vor ihrer Entmündigung gedroht, ins Ausland zu gehen, falls sich ihre Tochter durchsetzen sollte.

Bis jetzt ist noch offen, ob sie die Drohung wahr macht. Ihr Anwalt sagte der Tageszeitung " Le Monde" immerhin, das französische Zivilrecht verbiete es auch Entmündigten nicht, das Land zu verlassen. Der Vormund müsse allerdings die Kosten für die Reise genehmigen.

140 Millionen Euro für ein Glücksspiel-Geschäft

In den Interviews, die Liliane Bettencourt nach wie vor gibt, klingt sie äußerst klar und kämpferisch. So nannte sie ihre Tochter Françoise im Juni "gestört". Der Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" sagte sie: "Meine Tochter sollte zu einem Psychiater gehen angesichts ihrer vielen psychologischen Probleme."

Die beiden Frauen streiten sich seit Jahren in aller Öffentlichkeit. Eine Aussöhnung Ende 2010 war nur von kurzer Dauer, danach nahm die Familienfehde mit persönlichen Anfeindungen wieder Fahrt auf.

Die Tochter hält ihre Mutter schon seit langem nicht mehr für zurechnungsfähig; in deren Entourage sieht sie Berater und Anwälte, die den Zustand der alten Dame ausnutzen. Der jüngste Konflikt entzündete sich an Anwalt Pascal Wilhelm, der die Milliardärin überredet haben soll, mehr als 140 Millionen Euro in ein Internet-Glücksspiel-Unternehmen zu investieren.

150.000 Euro für Sarkozy?

Ärztlichen Gutachten zufolge leidet die alte Dame unter fortschreitender Demenz. Nun übernimmt ihr ältester Enkel Jean-Victor Meyers die Vormundschaft, hieß es. Die Verwaltung ihres Milliardenvermögens allerdings werde der Tochter und zwei weiteren Enkeln übertragen.

Der Krieg der beiden Frauen hatte vor allem im vergangenen Jahr wochenlang die Schlagzeilen in Frankreich beherrscht. Dabei kamen eine ganze Reihe von Affären zutage, die auch zur Ablösung des damaligen Arbeitsministers und Schatzmeisters der Regierungspartei UMP, Eric Woerth, führten. Denn die Milliardärin soll nicht nur Steuern hinterzogen, sondern die Konservativen auch mit illegalen Parteispenden bedacht haben.

Die französische Justiz untersuchte, ob 150.000 Euro für den Präsidentschaftswahlkampf von Nicolas Sarkozy im Jahr 2007 flossen. Den mutmaßlichen Steuerbetrug und weitere dubiose Finanztransaktionen gestand Bettencourt indirekt ein, die illegalen Spenden nie.

Eine Milliarde für die schönen Dinge des Lebens

Ursprünglicher Auslöser der Tragödie zwischen Mutter und Tochter war ein Freund der L'Oréal-Erbin, der Künstler und Salonlöwe François-Marie Banier. Weil er ihre Mutter um fast eine Milliarde Euro für Gemälde, Immobilien, Lebensversicherungen und Schecks erleichtert haben soll, versuchte die Tochter mehrfach, ihre Mutter entmündigen zu lassen. Doch die mächtige Herrscherin des Kosmetik-Imperiums konnte zunächst alle Versuche abwehren.

Der Fall Bettencourt hat aber auch eine wirtschaftliche Dimension: Der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé - größter Anteilseigner an L'Oréal - kann erst dann weitere Prozente an dem französischen Konzern erwerben, wenn Bettencourt nicht mehr lebt. Was allerdings aus L´Oréal wird, wenn Liliane Bettencourt entmündigt ist, ist nicht genau geregelt.

Die Tochter ließ das Unternehmen aber noch am Montag wissen, dass sich für L'Oréal nichts ändern werde.

jbr/dpa
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