Ermittlungen in JVA Bruchsal Häftling stirbt nach Hungerstreik

In einem Gefängnis in Baden-Württemberg ist ein Afrikaner nach einem monatelangen Hungerstreik gestorben. Jetzt laufen die Ermittlungen wegen Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung. Der Gefängnisdirektor wurde vom Dienst suspendiert.
Luftbild der JVA Bruchsal: "Vielleicht nicht ganz richtig gehandhabt"

Luftbild der JVA Bruchsal: "Vielleicht nicht ganz richtig gehandhabt"

Foto: Uli Deck/ dpa

Bruchsal - Am Morgen des 9. August machte ein Angestellter der Justizvollzugsanstalt Bruchsal einen grausigen Fund: In einer Zelle entdeckte er den stark abgemagerten Leichnam von Rasmane K. aus Burkino Faso. Bereits seit Monaten soll sich der 33-Jährige im Hungerstreik befunden haben - doch die Folgen hatte offenbar niemand bemerkt.

Eine anonyme Anzeige hatte den Fall auf die Agenda gebracht. Gefängnisdirektor Thomas Müller wurde vom Dienst suspendiert, ein Sprecher des Justizministeriums sagte, "dass einige Dinge im Zusammenhang mit der Einzelhaft vielleicht nicht ganz richtig gehandhabt wurden". Gegen weitere JVA-Bedienstete würden disziplinarische Schritte geprüft.

Die Obduktion hatte keine eindeutige Todesursache ergeben; die Ergebnisse weiterer Untersuchungen stehen noch aus. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob "früher hätte eingegriffen werden müssen" - etwa durch die Verlegung in ein Krankenhaus, so der Leitende Oberstaatsanwalt Gunter Spitz. Von einem Suizid sei nach erstem Augenschein nicht auszugehen.

Der als hochgradig aggressiv geltende Häftling saß seit August 2013 in der JVA Bruchsal ein. Das Landgericht Offenburg hatte ihn im Januar 2012 wegen Totschlags zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der Kfz-Mechaniker soll laut "Bild"-Zeitung seine 37-jährige Ex-Freundin erstochen haben. Im August 2012 kamen weitere eineinhalb Jahre Haft hinzu: Der Mann hatte einen Justizbeamten angegriffen und schwer verletzt. Wegen "seiner aggressiven Gefährlichkeit" war er in Bruchsal in Einzelhaft gekommen.

Verletzter Beamter weiterhin dienstunfähig

Die "unausgesetzte Absonderung", wie sie in Paragraph 68 des Justizvollzugsgesetzbuches vorgesehen ist, kommt im Strafvollzug nur relativ selten zum Einsatz. Für den in Bruchsal einsitzenden Afrikaner war sie angeordnet worden, weil der Mann als sehr gefährlich galt. Der von ihm vor zwei Jahren in Offenburg verletzte Beamte ist nach wie vor dienstunfähig.

In Bruchsal waren stets mehrere Männer zugegen, wenn die Zelle von Rasmane K. aufgeschlossen wurde. Doch auch für solche Gefangene hat die Gefängnisleitung eine so genannte Garantenstellung. Sie muss regelmäßig überprüfen, ob der Häftling gesund ist. Gefährdet er sich gesundheitlich selbst, müssen die JVA-Beamten eigentlich eingreifen. Dazu kann auch gehören, dass ein Hungerstreikender zwangsweise ernährt und dazu in ein Vollzugskrankenhaus verlegt wird.

Das Justizministerium betonte, dass die spektakuläre Suspendierung des Anstaltsleiters und das eingeleitete Disziplinarverfahren nicht notwendigerweise auf ein Fehlverhalten innerhalb der Anstalt hinweise. Man wolle eine "rückhaltlose Aufklärung", sagte Justizminister Rainer Stickelberger (SPD). Die notwendige Untersuchung solle von jedem Verdacht der Parteilichkeit freigehalten werden. Dass der Mann verhungert sei, mochte Stickelberger nicht bestätigen. Das Ergebnis der Obduktion stehe noch aus. Allerdings sei eine solche Todesursache wahrscheinlich. "Dafür spricht das Gewicht", so Stickelberger.

fri/ala/dpa

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