
Justizkrimi: Der Fall Gustl Mollath
Skandal in Bayern Justizministerin lässt Fall Mollath neu aufrollen
München - Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) will den Fall des seit Jahren in der Psychiatrie untergebrachen Nürnbergers Gustl Mollath komplett neu aufrollen lassen. Sie hat bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg veranlasst, dass beim zuständigen Gericht ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt wird. Ein Ministeriumssprecher bestätigte am Freitag einen entsprechenden Bericht der "Augsburger Allgemeinen". Anlass für den Schritt sind neue Hinweise auf mögliche Ungereimtheiten in dem Fall.
Mollath, der unter anderem Schwarzgeldgeschäfte bei der HypoVereinsbank angeprangert hatte, ist seit 2006 wegen angeblicher Gemeingefährlichkeit in der Psychiatrie in Bayreuth untergebracht. Er soll seine Frau misshandelt und Reifen zerstochen haben. Mehrere Gutachter haben ihm Gefährlichkeit bescheinigt. Erst vor wenigen Tagen hatte die Staatsanwaltschaft Nürnberg angekündigt, ein weiteres Gutachten in Auftrag geben zu wollen, um zu prüfen, ob Mollath weiterhin in der Psychiatrie sitzen muss.
Brisant ist der Fall, weil Mollath 2003 - nachdem er bereits angeklagt war - seine Frau, weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank und 24 Kunden beschuldigte, in Schwarzgeldgeschäfte verwickelt zu sein. Doch während die Nürnberger Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleitete, hat ein vor kurzem bekannt gewordenes Papier der Bank manche Vorwürfe Mollaths bestätigt. Für das Landgericht Nürnberg waren sie aber Teil eines "paranoiden Gedankensystems".
Laut "Süddeutscher Zeitung" hat die Staatsanwaltschaft Bayreuth in dem Fall ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt eingeleitet. Unter anderem werde wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt.
Justizministerin Merk in der Kritik
Die "Nürnberger Nachrichten" berichten, eine Anzeige Mollaths gegen seine Frau und weitere Mitarbeiter der HypoVereinsbank sei 2004 zu den Nürnberger Finanzbehörden gelangt, dort aber relativ schnell als "erledigt" zu den Akten gelegt worden. Grund dafür sei ein Anruf aus der Justiz gewesen.
Unter Berufung auf Behördenkreise schreibt die Zeitung, der Richter, der damals im Fall Mollath urteilte, habe selbst bei den Finanzbehörden angerufen und darauf hingewiesen, dass Mollath nicht klar bei Verstand sei. Zu dem Zeitpunkt gab es allerdings das psychiatrische Gutachten noch gar nicht, das Mollath später unter anderem ein "paranoides Gedankensystem" und Gemeingefährlichkeit attestierte.
Der Sprecher des Justizministeriums sagte, womöglich sei der Richter befangen gewesen. Dies werde jetzt vom Landgericht Regensburg geprüft, das über die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Mollath zu entscheiden hat.
Justizministerin Merk ist im Fall Mollath in die Kritik geraten. Neben den Freien Wählern drohte auch die SPD mit einem Untersuchungsausschuss. "Wenn man versucht, uns hinters Licht zu führen - das lassen wir uns nicht bieten", sagte SPD-Fraktionsvize Inge Aures in einer Landtagsdebatte. Florian Streibl von den Freien Wählern warf Merk vor, dem Rechtsausschuss des Landtags Erkenntnisse vorenthalten zu haben.
Merk wies den Vorwurf der Lüge als "Unverschämtheit" zurück und warf der Opposition vor, den Fall für parteipolitische Zwecke zu missbrauchen. Die Justizministerin hatte betont, Mollath sei nicht wegen seiner Vorwürfe gegen Mitarbeiter der HypoVereinsbank in der Psychiatrie, sondern "weil er für die Allgemeinheit gefährlich war und gefährlich ist".