Journalistin Schwarzer: "Angegriffene Passage entfernt"
Foto: ? Kai Pfaffenbach / Reuters/ REUTERSHamburg - Die "Emma"-Chefredakteurin und Herausgeberin schrieb Mitte Oktober einen Artikel über die "Spielchen der Verteidigung" im Vergewaltigungsprozess gegen . Darin warf sie dem Verteidiger Reinhard Birkenstock vor, das vermeintliche Opfer zu diffamieren. Er hätte behauptet, "Jörg Kachelmann kenne diese Frau gar nicht, sie sei eine Stalkerin". Birkenstock hatte das allerdings nie gesagt.
"Bild" korrigierte die falsche Berichterstattung. Schwarzer gab eine Unterlassungserklärung ab, an die sie sich aber nicht hielt. Denn auf emma.de und aliceschwarzer.de war der Vorwurf noch tagelang zu lesen. Damit wurde nach SPIEGEL-Informationen eine Strafe von rund 5000 Euro geltend gemacht. Birkenstock will die Summe spenden. Auf Antrag von Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker erließ das Landgericht Köln zudem am 28. Oktober eine einstweilige Verfügung gegen sie und drohte ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro an, ersatzweise Haft.
Schwarzer änderte die Behauptungen auf ihrer Website schließlich. Jedoch nicht genügend, wie das Landgericht Köln fand. Dem hat sie inzwischen Rechnung getragen: "Ende vorvergangener Woche wurde die angegriffene Passage aus dem Text entfernt", so Schwarzer. Sollte der Beitrag noch später verfügbar gewesen sein, "kann das an der Suchmaschine gelegen haben".
Höcker sagt, Schwarzer handele "nach Gutsdamenart", und glaube offenbar, "dass das deutsche Recht für sie nicht gilt".
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Jörg Kachelmann vor dem Landgericht Mannheim: Der Schweizer muss sich wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung verantworten.
Von Anfang an stand Aussage gegen Aussage: Eine ehemalige Lebensgefährtin behauptet, der TV-Wettermoderator, hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2007, habe sie vergewaltigt. Kachelmann soll die damals 36-Jährige Anfang Februar in deren Wohnung im baden-württembergischen Schwetzingen zum Sex gezwungen, sie mit einem Küchenmesser bedroht und am Hals verletzt haben. Kachelmann bestreitet das.
Kachelmann machte sein Hobby, die Meteorologie, 1991 zum Beruf. Er gründete in Bächli bei St. Gallen den Wetterdienst Meteomedia, der SWR engagierte den autodidaktisch ausgebildeten Meteorologen als "Wettermän". Mit dem Start des ARD-Frühstücksfernsehens im Jahr 1992 begann seine Fernsehkarriere.
Kachelmann im Mai 2007 vor dem Logo der Unwetterzentrale seines Unternehmens Meteomedia
Vom 20. März bis 29. Juli 2010 saß Kachelmann in der JVA Mannheim. Die Polizei hatte den Moderator am Frankfurter Flughafen bei der Rückkehr von den Olympischen Winterspielen festgenommen.
Der erste öffentliche Auftritt nach Bekanntwerden der Vorwürfe: Nach einem Termin beim Haftrichter am 24. März verließ der TV-Wetterexperte mit seinem Anwalt Reinhard Birkenstock das Amtsgericht in Mannheim.
Vier Monate saß Jörg Kachelmann in U-Haft, am 29. Juli konnte er die JVA Mannheim verlassen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe beschloss eine Freilassung. Begründung: Im damaligen Stadium des Verfahrens bestand kein dringender Tatverdacht mehr.
Anwalt Reinhard Birkenstock und sein Mandant beim Prozessauftakt am 6. September im Gerichtssaal: Unmittelbar nach dem Beginn der Verhandlung stellte der Anwalt einen Befangenheitsantrag. Daraufhin vertagte sich das Gericht auf den 13. September.
Der Vorsitzende Richter Michael Seidling eröffnete am 6. September das Verfahren. Gegen ihn richtete sich unter anderem der Befangenheitsantrag der Verteidigung. Seidling lebt im Nachbarort des mutmaßlichen Opfers, außerdem soll es private Verbindungen über Sportvereine geben. Das Gericht lehnte den Befangenheitsantrag jedoch ab.
Zum zweiten Verhandlungstag am 13. September versuchte der Wettermann, den wartenden Journalisten aus dem Weg zu gehen. Vor dem Hintereingang des Landgerichts Mannheim duckte er sich unter einem sich öffnenden Rolltor hindurch, um in das Gebäude zu gelangen.
Dieses Schild macht es deutlich: Der Kachelmann-Prozess am Landgericht Mannheim wird über weite Strecken hinter verschlossenen Türen verhandelt.
Um doch eines der seltenen Bilder zu bekommen, lauern Journalisten Kachelmann vor dem Gericht auf, so auch am 15. September.
Es ist der Prozess des Jahres. Für die "Bild"-Zeitung verfolgt "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer das Verfahren gegen den ARD-Wettermoderator.
Am 25. Oktober sendete das mutmaßliche Opfer, Kachelmanns ehemalige Geliebte, eine wohlkalkulierte Botschaft. Die 37-Jährige schützte sich vor den Kameras mit einem Buch, das den Titel trägt: "Der Soziopath von nebenan".