SPIEGEL ONLINE

MH17-Abschlussbericht Niederländische Ermittler bestätigen Abschuss durch Buk-Rakete

Jetzt ist es amtlich: Flug MH17 wurde von einer Buk-Rakete getroffen. Das geht aus dem heute veröffentlichten Abschlussbericht niederländischer Ermittler hervor.

Der Malaysia-Airlines-Flug MH17 wurde vergangenes Jahr über der Ostukraine von einer Buk-Luftabwehrrakete abgeschossen. So lautet das Ergebnis der Untersuchungen des niederländischen Sicherheitsrats.

Die zentralen Ergebnisse des Berichts:

  • Die Rakete explodierte laut den Ermittlern der Niederländischen Flugsicherheitsbehörde (OVV) links neben dem Cockpit, rund einen Meter vom Flugzeug entfernt (die Ermittler haben das Flugzeug zum Teil rekonstruiert, siehe Fotostrecke).
  • Durch die Detonation starben demnach unmittelbar drei Personen im Cockpit.
  • Der Frontteil des Flugzeugs brach ab.
  • Alle Insassen, die nicht durch die Detonation starben, verloren dem Bericht zufolge innerhalb weniger Momente das Bewusstsein.
  • Der Bericht kritisiert die Ukraine dafür, nicht den Luftraum über der Krisenregion gesperrt zu haben. Niemand habe an Risiken für die zivile Luftfahrt gedacht. Vom Bürgerkrieg betroffene Staaten müssten demnach mehr für den Schutz der zivilen Luftfahrt tun.

Fotostrecke

Abschlussbericht: Die MH17-Trümmer

Foto: Dean Mouhtaropoulos/ Getty Images

Die Boeing 777 war im Juli 2014 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur über einem Kriegsgebiet in der Ostukraine abgestürzt. Alle 298 Menschen an Bord starben, die Mehrzahl von ihnen stammte aus den Niederlanden - deswegen leitete das Land auch die Untersuchung. Die Flugsicherheitsbehörde veröffentlichte eine englischsprachige Video-Fassung des Reports:

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von YouTube, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Zentrale Fragen sind aber weiterhin unbeantwortet:

  • Die Schuldfrage ist bislang nicht geklärt, das Expertenteam untersuchte sie auch nicht. Sie ist Gegenstand noch laufender strafrechtlicher Ermittlungen.
  • Der Bericht lässt offen, von welchem Ort genau aus die Rakete abgefeuert wurde. Die Ermittler identifizierten aber ein rund 320 Quadratkilometer großes Gebiet. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP war dieses Gebiet zum Zeitpunkt des Abschusses in der Hand der Separatisten. Russland erklärte hingegen, der Untersuchungsbericht liefere keine Hinweise, dass die Rakete aus einem Separatisten-Gebiet abgefeuert wurde.

Bei der Suche nach Schuldigen vereinbarten die Ukraine und die Niederlande eine enge Zusammenarbeit. Das teilte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko nach einem Telefonat mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte mit. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für den Abschuss verantwortlich.

Vertreter beider Länder wollten zunächst mit Kollegen aus Australien, Malaysia und Belgien die strafrechtlichen Ermittlungen abschließen, teilte das ukrainische Präsidialamt mit. Rutte forderte Russland zu "kompletter Kooperation" auf. Der Untersuchungskommission zufolge widerspricht Russland dem Bericht - sowohl in Bezug auf den Sprengkopf als auch auf den Raketentyp.

Schon in einem Zwischenbericht hatte es geheißen, die Boeing 777 von Malaysia Airlines sei mutmaßlich von einer Buk-Rakete getroffen worden. Der Hersteller gab allerdings an, Raketen des Typs würden seit 1999 nicht mehr hergestellt, die ukrainischen Streitkräfte hätten aber noch Boden-Luft-Raketen des Typs in ihren Beständen.

Konfliktparteien schieben sich Schuld zu

Die Konfliktparteien gaben sich nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts gegenseitig die Schuld. Der "Terrorakt" sei mit einer Buk-Rakete verübt worden, die von Separatistengebiet abgefeuert worden sei, sagte der ukrainische Vizeregierungschef Gennadi Subko. Ein eigener ukrainischer Untersuchungsbericht habe identische technische Ergebnisse erbracht wie die Ermittlungen des niederländischen Sicherheitsrats. "Die Flugbahn der Rakete beweist, dass sie die Piloten des Flugzeugs treffen sollte", sagte Subko.

Die Aufständischen wiesen jede Beteiligung an der Tragödie zurück. Zum Zeitpunkt des Absturzes hätten sie kein Buk-Raketensystem in ihrem Besitz gehabt, sagte Separatistenführer Eduard Bassurin in Donezk. Er machte die Führung in Kiew verantwortlich für die Katastrophe, da sie den Luftraum über dem Kriegsgebiet nicht vollständig für Passagiermaschinen gesperrt habe.

Der russische stellvertretende Außenminister Sergej Ryabkov nannte die Ermittlungen der Niederländer voreingenommen. Es handele sich um "einen offensichtlichen Versuch, ein verzerrtes Bild zu zeichnen".

Am Dienstag betonte der staatlich kontrollierte Konzern Almaz-Antey in Moskau nun, die Ergebnisse des niederländischen Berichts widersprächen den Erkenntnissen russischer Experten. "Falls die Boeing mit einem Buk-M1-Raketensystem abgeschossen wurde, wurde sie von einer Rakete vom Typ 9M38 von Saroschenskoje aus getroffen", sagte der Leiter des Unternehmens, das die Buk-Systeme herstellt. Der ostukrainische Ort Saroschenskoje sei zum Zeitpunkt der Tragödie von Regierungstruppen kontrolliert worden.

apr/ulz/dpa/AP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren