"NSU 2.0" in Frankfurt Staatsschützer decken mutmaßlich rechtsextreme Zelle in der Polizei auf

Sie schrieben sich rechte Nachrichten und spähten offenbar eine Anwältin aus: Bei der Polizei in Frankfurt ist eine mutmaßlich rechtsextreme Zelle aufgeflogen. Womöglich gibt es einen Zusammenhang zu einer Todesdrohung gegen eine Zweijährige.
Polizisten in Frankfurt am Main

Polizisten in Frankfurt am Main

Foto: Alexander Heinl/ dpa

Das Drohschreiben, das Seda Basay-Yildiz am 2. August aus ihrem Faxgerät zog, war schlimmer als die üblichen. Die Frankfurter Rechtsanwältin verteidigt unter anderem den mutmaßlichen Bin-Laden-Leibwächter Sami A. und vertrat Opfer des NSU vor Gericht, Anfeindungen von rechts gehören zu ihrem Geschäft.

Doch dass der "NSU 2.0" ankündigt, ihre Tochter zu "schlachten", und dass sie daneben den Namen der Zweijährigen und ihre Privatadresse lesen muss, ging deutlich über das übliche Maß hinaus. Basay-Yildiz erstattete Anzeige - und hat damit womöglich zur Aufdeckung einer rechtsextremen Zelle bei der Frankfurter Polizei beigetragen.

"Ich konnte mir nicht erklären, woher der Verfasser des Schreibens diese Daten hat. Deshalb habe ich mich an die Polizei gewandt", sagte die Anwältin der "Frankfurter Neuen Presse". Wie die Zeitung schreibt , seien die Ermittler im Zuge ihrer Ermittlungen auf eine Gruppe aus fünf Polizisten des ersten Reviers gestoßen, gegen die nun ein Strafverfahren läuft. Zudem wird auch disziplinarrechtlich gegen sie ermittelt.

Es stellte sich nämlich heraus, dass von einem Computer in einer Innenstadtwache die Melderegistereinträge zu Basay-Yildiz abgefragt worden waren, offenbar ohne dienstlichen Grund. Die Polizisten, die zum fraglichen Zeitpunkt Zugriff auf den Rechner hatten, gerieten daraufhin ins Visier des ermittelnden Staatsschutzes. Die Arbeitsplätze der vier Polizisten und einer Polizistin wurden durchsucht, Handys und Festplatten beschlagnahmt.

Bei der Auswertung der Geräte stießen die Staatsschützer per Zufall auf eine WhatsApp-Gruppe, über die die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zuerst am Montag berichtet hatte . Über den Gruppenchat schrieben und lasen die Verdächtigen offenbar wochenlang rassistische Nachrichten, schickten sich Hitler-Bilder und Hakenkreuze. In welchem Umfang genau, ist bislang noch unklar. Angeblich sollen außer rechten Kommentaren auch "andere Themen" ausgetauscht worden sein.

Der Anfangsverdacht gegen die vier Polizisten und ihre Kollegin lautet mindestens: Volksverhetzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Symbole. Ob auch wegen des Drohschreibens gegen die fünf Polizisten ermittelt wird, konnte die "Frankfurter Neue Presse" nicht in Erfahrung bringen. "Aus ermittlungstaktischen Gründen", wie es bei der Polizei heißt.

Frankfurts Polizeipräsident Gerhard Bereswill hatte am Mittwoch im Interview mit der "FAZ" einen "harten Kurs" gegen Beamte seiner Behörde angekündigt, die nicht auf dem Boden der Verfassung stünden. Sollten sich die Vorwürfe gegen die Verdächtigen erhärten, würden sie aus dem Dienst entfernt. Bislang sind die fünf Polizisten nur suspendiert.

löw
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