Friesland Mutmaßliche Kochsalz-Injektionen – Polizei richtet Ermittlungsgruppe »Vakzin« ein

Tatort einer politischen Tat? Das Impfzentrum in Schortens (Archivbild)
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Im Skandal um möglicherweise Tausende Fälle, in denen Menschen statt Coronaimpfstoffes Kochsalzlösung erhalten haben könnten, ermittelt nun eine spezielle Arbeitsgruppe der Polizei. Die Entscheidung dazu sei angesichts der »besonderen Bedeutung und gewachsenen Komplexität« des Falls getroffen worden, teilte die Polizei im niedersächsischen Oldenburg mit.
Die examinierte Krankenschwester, die am Impfzentrum in Schortens arbeitete, hatte eingeräumt, im April sechs Spritzen überwiegend mit Kochsalzlösungen gefüllt zu haben, nachdem ihr eine Biontech-Impfstoffampulle versehentlich heruntergefallen war. Nachträglich hatten die Behörden präzisiert, dass die Frau – anders als zunächst berichtet – ausgesagt habe, auch Impfstoffreste aus anderen Biontech-Ampullen aufgezogen zu haben.
Politisches Motiv steht im Raum
Kochsalzlösung wird regulär zur Verdünnung der Impfflüssigkeit eingesetzt und ist für den Körper unschädlich. Die meisten potenziell betroffenen Bürger erhielten im fraglichen Zeitraum eine von zwei Impfungen, in wenigen Fällen auch beide.
Die Entscheidung zur Einrichtung der Ermittlungsgruppe »Vakzin« stehe »im Einklang zu den sich verdichtenden Hinweisen, dass seitens der Beschuldigten weitere Manipulationen von Impfungen vorgenommen worden sein könnten und ein Motiv einer kritischen Haltung zum Thema Impfungen nicht ausgeschlossen werden kann«, teilte die Polizei weiter mit. Die Gruppe bestehe aus acht Ermittlerinnen und Ermittlern, auch aus dem Bereich Staatsschutz.
Ein mögliches politisches Motiv der Frau steht im Raum. Sie soll nach Informationen des SPIEGEL in sozialen Medien die Pandemie mit einer Grippe verglichen und über WhatsApp eine verleumderische Karikatur geteilt haben, die unter Verschwörungsideologen kursiert. Der Verteidiger der Frau weist diesen Verdacht zurück.
Mehr als 10.000 Menschen zu Ergänzungsimpfungen aufgerufen
Das tatsächliche Ausmaß der mutmaßlichen Manipulationen durch die Verdächtige sei jedoch weiterhin unklar. Der Landkreis Friesland, in dessen Impfzentrum in Schortens die Frau bis zu ihrer Entdeckung und Entlassung im April arbeitete, rief vorsorglich rund 10.200 Menschen zu Ergänzungsimpfungen auf.
Die Zahl ergibt sich dabei laut Behörden aus der Gesamtzahl der Impftermine, die zu den Dienstplanzeiten der Beschuldigten im März sowie April vergeben wurden. In wie vielen Fällen davon tatsächlich nur Kochsalzlösung statt Impfstoff verabreicht wurde, ist nicht feststellbar. Die Beschuldigte schweigt. Nach der langen Zeit sind Antikörpertests zur Impfstatusermittlung außerdem nicht mehr geeignet. Die Behörden wollen daher jedes Risiko ausschließen. Die Beschuldigte ließ über ihren Anwalt erklären, es handelte sich bei dem Fall im April um einen einmaligen Vorfall.
Oldenburgs Polizeivizepräsident Andreas Sagehorn sagte nun, die Zahl der erneut zur Impfung aufgerufenen Bürger entspreche »nicht der Anzahl der Verdachtsfälle«. Aber es sei »Fakt«, dass die Zahl auch nicht genau beziffert werden könne. »Wir müssen weiter Licht ins Dunkel bringen«, so Sagehorn. Der Fall müsse »möglichst vollständig« aufgeklärt werden.