Gefährder Behörden schoben fast hundert Islamisten ab

Deutschland hat in den vergangenen Jahren viele Gefährder in ihre Heimat zurückgeschickt. Nach SPIEGEL-Informationen verantwortet NRW ein Drittel der Fälle, andere Länder dagegen keinen einzigen.
Flughafen Leipzig-Halle: Seit Ende 2016 mehr als 90 Gefährder abgeschoben

Flughafen Leipzig-Halle: Seit Ende 2016 mehr als 90 Gefährder abgeschoben

Foto: Michael Kappeler/ DPA

Deutschland hat seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt Ende 2016 mehr als 90 sogenannte Gefährder und andere "relevante Personen" aus der Islamistenszene in ihre Heimatländer abgeschoben. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage hervor, die dem SPIEGEL vorliegt.

Demnach gibt es offenkundig große Unterschiede zwischen den Bundesländern: Während Nordrhein-Westfalen auf 29 Abschiebungen kam, Baden-Württemberg auf 16 und Berlin auf zehn, sind in der Statistik keine Rückführungen für Rheinland-Pfalz und das Saarland verzeichnet.

Aktuell halten sich nach den Zahlen der Bundesregierung hierzulande noch 225 Gefährder auf, bei denen Behörden Ausweisungen oder andere ausländerrechtliche Konsequenzen prüfen. 40 Prozent von ihnen stammen aus Syrien, wohin derzeit nicht abgeschoben wird; viele weitere sind aus dem Irak, der Türkei oder Russland.

"Wir brauchen dringend eine bundesbehördliche Zuständigkeit"

Der FDP-Innenexperte Stephan Thomae kritisiert, dass die Zahl der Rückführungen offenbar davon abhänge, "welches Bundesland zuständig ist und wer gerade regiert". Thomae fordert: "Wir brauchen dringend eine bundesbehördliche Zuständigkeit für Abschiebungen und wirksame Abkommen mit den Herkunftsländern."

Nach Syrien wird Deutschland mindestens für sechs weitere Monate niemanden abschieben. Darauf haben sich die Innenminister von Bund und Ländern am Freitag verständigt. Gleichzeitig forderten sie die Bundesregierung auf, "die Voraussetzungen dafür zu schaffen", dass insbesondere Gefährder und schwere Straftäter wieder nach Syrien abgeschoben werden können.

Das dürfte schwierig werden: Aktuell gibt es in dem Bürgerkriegsland nach Einschätzung des Auswärtigen Amts keine Region, in die Geflüchtete ohne Risiko zurückkehren können. Ihnen drohten "Repressionen, bis hin zu unmittelbarer Gefährdung für Leib und Leben".

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