Strafjustiz Generalbundesanwalt stellt Ermittlungen gegen Terroristen-Anwalt ein

Mehr als vier Jahre lang ging die Bundesanwaltschaft gegen einen der bekanntesten Strafverteidiger Deutschlands vor. Ohne Erfolg.
Strafverteidiger Günal

Strafverteidiger Günal

Foto: Rolf Vennenbernd / picture alliance / dpa

Das Ende einer Justizposse hat elf Seiten. Auf der letzten steht geschrieben: »Mangels hinreichenden Tatverdachts war das Ermittlungsverfahren daher einzustellen.« Nach SPIEGEL-Informationen hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen gegen den Bonner Rechtsanwalt Mutlu Günal, 46, ergebnislos zu den Akten gelegt.

Mehr als vier Jahre lang waren die Karlsruher Strafverfolger gemeinsam mit Staatsschützern des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen gegen den Juristen vorgegangen, der zu den bekanntesten Verteidigern in bundesdeutschen Terror-Verfahren gehört. Die Ermittler verdächtigten ihn, eine Terrororganisation unterstützt zu haben. Günal hat die Vorwürfe immer bestritten.

Das Verfahren fußte vor allen auf den Anschuldigungen eines ehemaligen Islamisten: Anil O. hatte behauptet, Günal habe ihn beraten, wie O. im Sommer 2015 am besten zum »Islamischen Staat« ausreisen könne. Allerdings verstrickte sich O. bei seinen Angaben in Widersprüche und galt ohnehin als zweifelhafter Zeuge mit einem eher flexiblen Verhältnis zur Wahrheit. Andere Zeugen entlasteten Günal. Der Extremist O. war als früherer Topgefährder eine der ersten Zielpersonen des legendären V-Manns VP01 alias Murat Cem im salafistischen Milieu .

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Warum O. Günal belastete? Der Anwalt hatte einst abgelehnt, den Salafisten zu vertreten. Wenige Tage nachdem der Verteidiger ein anderes Mandat in der Islamisten-Szene übernommen hatte, beklagte sich O. in einer Vernehmung bei der Polizei darüber. »Der wichtigste Mann in der IS-Szene in Deutschland nimmt sich natürlich den bekanntesten Anwalt«, lamentierte er. Noch am selben Tag belastete O. den Anwalt erstmals, nachdem er ihn in seinen vorherigen Aussagen nicht erwähnt hatte.

»Ich bin nicht nachtragend«, sagt Jurist Günal heute. »Das Verfahren war von Beginn an ein schlechter Scherz, aber ich habe mich viele Jahre lang gut amüsiert.«

jdl
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