Videoaufnahmen im Gerichtssaal Generalstaatsanwälte lehnen Buschmann-Plan zur digitalen Aufzeichnung von Prozessen ab

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP): »Die hohe Qualität des Strafverfahrens noch weiter verbessern«
Foto: Political-Moments / IMAGOIn der Justiz wächst der Widerstand gegen das Vorhaben von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), Gerichtsverhandlungen in Strafverfahren per digitaler Aufzeichnung zu dokumentieren. In einer aktuellen Stellungnahme lehnen die deutschen Generalstaatsanwälte den Referentenentwurf aus Buschmanns Haus einhellig ab. Dieser »löst kein Problem, sondern schafft neue«, ein »Regelungsbedarf ist nicht ersichtlich«, heißt es in dem Papier.

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Geht es nach Buschmann, soll nicht nur die Teilnahme bei Verfahren vor Zivil- und Fachgerichten häufiger als bisher auch per Videoübertragung möglich sein. Das Ministerium will damit an Erfahrungen anknüpfen, die während der Coronapandemie mit dem Einsatz von Videotechnik gemacht wurden. »Wer nicht mehr von Hamburg nach München zu einer Gerichtsverhandlung fahren muss, spart Zeit und Ressourcen«, so Buschmann. »Termine lassen sich leichter vereinbaren, denn die Beteiligten können eine Verhandlung oder Beweisaufnahme per Video viel einfacher in ihren Alltag einfügen.« Damit könnten auch gerichtliche Entscheidungen beschleunigt werden.
Überfällige Reform?
Buschmanns Referentenentwurf »für ein Gesetz zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung« sieht auch vor, die Hauptverhandlung künftig in Bild und Ton aufzuzeichnen und die Tonaufzeichnung mittels Transkriptionssoftware in ein Textdokument umzuwandeln. Der Minister sagte bei der Veröffentlichung des Entwurfs im November, eine digitale Dokumentation der Hauptverhandlung an Landgerichten und Oberlandesgerichten sei überfällig. Von der neuen Regelung verspreche er sich, »die hohe Qualität des Strafverfahrens noch weiter zu verbessern.«
»Das Gesetzesvorhaben wird falsch begründet, als eine Arbeitshilfe für die Justiz, ohne dass man uns vorher gefragt hat«, erklärt etwa der Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle die Bedenken der Strafverfolger. Dabei handele es sich eher um einen »zusätzlichen Werkzeugkasten für Strafverteidiger«. Röttle fürchtet unter anderem, dass Zeugen ihre Aussagen abschwächen oder vorfiltern, wenn die Kamera mitläuft: »Es ist heute schon schwierig, Menschen zur Aussage vor Gericht zu bewegen, weil sie Angst vor dem Angeklagten haben oder der Situation ausweichen wollen.« Das Risiko, dass Mitschnitte im Internet landeten, sei erheblich, der »riesige Pool personenbezogener Daten« zudem »anfällig für Hackerangriffe«. Röttle: »Das ist das Letzte, was wir für den Strafprozess brauchen.«