Zivilsenat des Bundesgerichtshofs Gerichtspräsident warnt vor Kollaps in Karlsruhe

Der Gerichtspräsident schlägt Alarm: Seit 2011 laufen beim Zivilsenat des Bundesgerichtshofs massenweise Beschwerden gegen Entscheidungen in Prozessen ein, als Folge einer Reform. Dabei haben nicht einmal drei Prozent der Beschwerden Erfolg.
Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Der Präsident befürchtet Überlastung

Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Der Präsident befürchtet Überlastung

Foto: Uli Deck/ picture alliance / dpa

Karlsruhe - BGH-Präsident Klaus Tolksdorf befürchtet wegen gestiegener Fallzahlen einen "Kollaps" der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs (BGH). Grund sei eine Reform aus dem Jahr 2011, die in Zivilprozessen mehr Möglichkeiten schafft, Entscheidungen vom BGH überprüfen zu lassen. 2013 seien knapp 1000 derartige zusätzliche Beschwerden in Karlsruhe eingegangen, sagte Tolksdorf am Donnerstagabend bei einem Presseempfang des BGH in Karlsruhe. "Das muss, wenn nichts passiert, über kurz oder lang zum Kollaps führen."

Seit 2011 können Beteiligte in Zivilprozessen auch dann eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH einlegen, wenn ein Gericht die Berufung ohne mündliche Verhandlung abgewiesen hat. Solche Beschwerden seien oft umfangreich und blieben meist ohne Erfolg. So gingen im Jahr 2012 noch 747 Beschwerden ein; 2013 waren es schon 985. Erfolg hatten im vergangenen Jahr jedoch gerade mal 27 Beschwerden.

"Wir arbeiten in großem Maße für den Papierkorb", sagte Tolksdorf. Ohne eine Entlastung der Zivilsenate könne der BGH seine Aufgaben nicht erfüllen - nämlich für eine einheitliche Rechtsanwendung zu sorgen und das Recht fortzubilden.

Die Beschwerderegelung war 2011 reformiert worden, um besseren Rechtsschutz in Zivilverfahren zu schaffen. Zuvor gab es kein Rechtsmittel mehr, wenn das Gericht eine Berufung ohne mündliche Verhandlung per Beschluss zurückwies. "Die Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde hat dem Bürger ein Stück Rechtsweggarantie wiederhergestellt", sagte der Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer, Hansjörg Staehle, am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. "Dass es jetzt wenigstens einen Rechtsbehelf gegen die Zurückweisung der Berufung gibt, dient dem Rechtsfrieden. Das muss sich ein demokratischer Rechtsstaat leisten können."

mia/dpa
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