Urteil in Frankfurt am Main Firmen sind zu geschlechtsneutraler Ansprache verpflichtet

Nur »Herr« oder »Frau« reicht nicht: Firmen müssen für Menschen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität eine neutrale Anredeform bereithalten. Das hat ein Gericht in Frankfurt am Main entschieden.
Das Landgericht und Amtsgericht in Frankfurt am Main (Archivbild)

Das Landgericht und Amtsgericht in Frankfurt am Main (Archivbild)

Foto: Fredrik von Erichsen/ dpa

Eine Person, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnet, kann einem Gerichtsurteil zufolge eine geschlechtsneutrale Ansprache beim Fahrkartenkauf verlangen. Im konkreten Fall ging es um die Buchung einer Bahnfahrkarte über das Internet, bei der es beim Kauf und der Registrierung nur die Auswahl »Herr« oder »Frau« gab, wie das Landgericht Frankfurt mitteilte .

Die als »Herr« angesprochene Person des nicht-binären Geschlechts hatte daraufhin Klage wegen Diskriminierung eingereicht, der das Gericht in Teilen stattgab (Az. 2-13 O 131/20). Durch die Festlegung als »Frau« oder »Herr« werde die klagende Person in ihren allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt, stellte es fest. Die Person könne daher verlangen, geschlechtsneutral angesprochen zu werden.

Für die Nutzung der Angebote sei das Geschlecht auch völlig irrelevant, teilte das Gericht mit. Das beklagte Unternehmen könne eine andere Grußformel wie »Guten Tag« nutzen oder auf eine geschlechtsspezifische Ansprache ganz verzichten.

Kein Anspruch auf Entschädigung

Einen Anspruch auf Entschädigung wegen der Diskriminierung verneinte das Gericht aber, da die Persönlichkeitsverletzung nicht so schwerwiegend und auch nicht böswillig erfolgt sei, sondern »nur Reflex massenhafter Abwicklung standardisierter Vorgänge«.

Als unerheblich stuften die Frankfurter Richter die Frage ein, ob Betroffene schon eine Änderung im Personenstandsregister veranlasst hätten sowie beim Standesamt die Eintragung eines diversen Geschlechts erfolgt sei. Der Schutz allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie das Recht auf eine der geschlechtlichen Identität entsprechenden Anrede beginne nicht erst mit einer offiziellen Personenstandsänderung, sondern laut Verfassungsgericht schon bei »gefühlter Geschlechtsidentität«.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann vor dem Oberlandesgericht angefochten werden.

wit/dpa/AFP

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