Es geht um schwere Sexualdelikte: In New York hat unter großem Öffentlichkeitsinteresse der Missbrauchsprozess gegen Ghislaine Maxwell begonnen. Die 59-Jährige wird beschuldigt, den verurteilten Sexualverbrecher Jeffrey Epstein beim Missbrauch minderjähriger Mädchen unterstützt zu haben.
Marc Pitzke, DER SPIEGEL
»Die Staatsanwältin hat mit ganz ruhiger Stimme und ganz nüchtern und sachlich dargelegt, wie sie beweisen wollen, dass Ghislaine Maxwell ganz eng an die Straftaten von Jeffrey Epstein geknüpft war. Sie. Sie nannte Ghislaine Maxwell selten alleine, ohne den Namen Epstein. Sie wollte also schon von vornherein darstellen, dass sie seine engste Vertraute war. Sie sagte: Die Frau wusste alles. Sie hat seine Geschäfte, sie hat sein Anwesen gemanagt, und sie hat seine sexuellen Straftaten gemanagt. Um das mal so zu sagen.«
Jeffrey Epstein war ein bestens vernetzter Multimillionär, dem der Missbrauch Dutzender minderjähriger Frauen vorgeworfen wird. 2008 war Epstein wegen Zuhälterei und sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer vergleichsweise milden Strafe verurteilt worden. Im Juli 2019 wurde er erneut festgenommen. Einen Monat später wurde er tot in seiner Gefängniszelle aufgefunden. Eine Untersuchung kam zu dem Schluss, dass Epstein Suizid begangen hat. Seine langjährige Freundin und Partnerin Ghislaine Maxwell war 2020 festgenommen worden.
Marc Pitzke, DER SPIEGEL
»Ghislaine Maxwell saß auf der Anklagebank, hat sich sehr aktiv beteiligt, indem sie ihren Anwälten immer wieder Notizen und kleine Hinweise zugeschoben hat. Sie lachte, sie begrüßte Bekannte, sie war gut angezogen in einem cremefarbenen Rolli und schwarzer Hose. Also, es war nichts von dem, was sie aus dem Gefängnis behauptet hatte, dass es ihr so schlecht gehe, dass sie wirklich ausgemergelt sei, dass sie nichts zu essen bekomme, davon war hier nichts zu sehen.«
Vor Gericht verhandelt werden mutmaßliche Straftaten in verschiedenen Anwesen Epsteins in den Jahren 1994 bis 2004. Die Staatsanwaltschaft stützt sich dabei auf vier Hauptzeuginnen.
Marc Pitzke, DER SPIEGEL
»Die sollen alle als Zeuginnen hier aussagen, was ihnen zugestoßen ist, wie Ghislaine Maxwell sie angesprochen hat, wie Ghislaine Maxwell sie dann Epstein vorgestellt habe und dann so langsam das sexuelle Verhalten, das in diesen Häusern vor sich gegangen sei, normalisiert habe. Grooming nennt man das hier, dass man die Opfer daran gewöhnt an Sachen, die eigentlich Straftaten sind und die auch relativ detailliert hier beschrieben wurden im Gerichtssaal. Das war schon etwas schockierend, das noch mal zu lesen, auch wenn man das im Zusammenhang mit Epstein vor zwei Jahren alles schon mal gehört hat.«
In ihrem Eröffnungsplädoyer zog Maxwells Verteidigung die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen in Zweifel.
Marc Pitzke, DER SPIEGEL
»Sie haben gesagt, dass Ghislaine Maxwell als Sündenbock für die Strafen oder die mutmaßlichen Strafen Jeffrey Epstein herhalten müsse, dass sie von all dem nichts gewusst habe, dass Frauen immer als Sündenböcke für die Männer herhalten müssten. In diese Richtung geht also die Strategie der Verteidigung. Wie das alles endet, das kann man überhaupt nicht vorhersagen. Man weiß auch nicht, ob Ghislaine Maxwell selber aussagen wird.«
Der Prozess gegen die 59-Jährige wird schätzungsweise sechs Wochen dauern.