Großbritannien Bombenfund deutet auf schlagkräftige Terrorzelle hin

Die Bomben, die Terroristen am 7. und 21. Juli in London zündeten, wurden laut "Times" vom selben Bastler gebaut. Der Aufbau sei "verblüffend ähnlich". Vergleiche sind möglich, da die ersten Attentäter in einem Auto 16 Bomben zurückließen. Am Morgen nahm die Polizei neun weitere Verdächtige fest.

London - Einige der in dem Auto sichergestellten Sprengsätze seien zusätzlich mit Nägeln ausgerüstet gewesen, um ihre Wirkung zu verstärken, berichteten britische Zeitungen. Nach Angaben der "Times" ähneln die selbstgebastelten Bomben jenen Sprengkörpern, die bei der zweiten Anschlagsserie am 21. Juli benutzt wurden. Sie fürchtete, allein die Zahl der Bomben weise auf "die Existenz einer großen und gut ausgerüsteten Terrorzelle" im Land hin.

Begleitet waren die Berichte von Fotos der entdeckten Bomben. Die Attentäter der blutigen Anschlagsserie vom 7. Juli mit 56 Toten hatten den Wagen auf einem Parkplatz in Luton etwa 50 Kilometer nördlich von London stehen gelassen und von dort aus gemeinsam den Zug nach London genommen. Der US-Fernsehsender ABC hatte gestern zuerst die Fotos von den hinterlassenen Sprengsätzen veröffentlicht. Die Bomben im Kofferraum des Wagens von Shehzad Tanweer seien eine "Schatztruhe" an Informationen für die Ermittler. Wie gewöhnlich wollte sich Scotland Yard zu den Informationen nicht äußern.

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7/7/2005: Splitterbomben und Sprengstoffpäckchen

Foto: REUTERS/ ABC News

Die am Morgen festgenommenen Terrorverdächtigen hätten sich in zwei Wohnungen aufgehalten, sagte ein Scotland-Yard-Sprecher. Die Festnahmen erfolgten in Verbindung mit den Terroranschlägen vom 21. Juli. Der Fernsehsender "Sky News" und die britische Inlandsnachrichtenagentur PA meldeten unter Berufung auf Polizeiquellen, keiner der Festgenommenen sei einer der drei noch gesuchten Rucksackbomber. Schon gestern Abend hatten die Fahnder drei Frauen im Londoner Stadtteil Stockwell festgenommen. Laut einer Polizeisprecherin stehen sie im Verdacht, Attentäter oder mögliche Drahtzieher der Anschläge vom 21. Juli beherbergt zu haben.

Mit der Festnahme eines der Rucksackbomber war der Polizei gestern ein Durchbruch bei der Fahndung gelungen. Peter Clarke, Antiterror-Chef der Londoner Polizei, bestätigte, dass der 24-jährige Yasin Hassan Omar in Birmingham überwältigt worden sei. Omar ist einer der vier verhinderten Selbstmordattentäter vom 21. Juli. Nach den übrigen drei Männern werde weiter gefahndet. "Solange die anderen drei noch nicht gefasst sind, bleiben sie eine Bedrohung", warnte Clarke.

Die Polizei steht bei ihren Ermittlungen unter großem Zeitdruck. Nach Augenzeugenberichten waren die Selbstmordattentäter, deren Bomben am Donnerstag nicht gezündet hatten, am Freitag noch einmal in ihre Wohnung zurückgekehrt. Die Polizei befürchtet, dass sie sich dort wieder mit Sprengstoff eingedeckt haben und nun neue Anschläge planen.

Die Identität von zwei der vier Terroristen, deren Rucksackbomben nicht explodiert waren, sei weiter unklar. Die Polizei veröffentlichte ein neues Foto, das einen der mutmaßlichen Täter in einem weißen Unterhemd in einem Bus zeigt.

Nach der Festnahme Omars herrscht bei den Ermittlern großer Optimismus. "Durch die heutige Operation sind wir höchst ermutigt", sagte auch Premierminister Tony Blair gestern. Er halte die Festnahme für eine "wichtige Entwicklung".

Nach Einschätzung der BBC ist nun die wichtigste Frage, ob Omar der Polizei Informationen zu den drei anderen Terroristen geben wird, mit denen er versucht hat, die Anschläge auszuführen.

Omar kam nach Angaben des britischen Innenministeriums im Alter von zwölf Jahren als Sohn somalischer Asylsuchender nach Großbritannien und lebte seit sechs Jahren von staatlicher Hilfe in London. In seiner Nachbarschaft war er seit Jahren als Extremist bekannt, der die Terroranschläge vom 11. September 2001 öffentlich guthieß.

Die Polizei bestätigte, dass der Mann Widerstand geleistet habe. Daraufhin hatten die Polizisten mit einer Elektroschock-Pistole, einem so genannten Taser, auf ihn geschossen und handlungsunfähig gemacht. In einer anderen Wohnung in Birmingham nahm die Polizei ebenfalls drei Terrorverdächtige fest. In London durchsuchte die Polizei in Verbindung mit den Anschlägen mehrere Wohnungen.

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