Protest von Kinderschutzbeauftragter Londoner Polizei führte Leibesvisitationen bei Hunderten Minderjährigen durch

Manche Betroffene waren erst zehn Jahre alt: Die Zahl der Leibesvisitationen bei Kindern und Jugendlichen durch Londons Polizei ist zuletzt gestiegen. Menschenrechtsaktivisten beklagen »systemische Probleme«.
Polizist in London (Symbolbild)

Polizist in London (Symbolbild)

Foto: Dan Kitwood / Getty Images

Binnen zwei Jahren sind mehr als 600 Kinder und Jugendliche von Londoner Polizistinnen und Polizisten einer Leibesvisitation unterzogen worden. Mehr als 95 Prozent der betroffenen Minderjährigen waren männlich, und 58 Prozent von ihnen hatten eine schwarze Hautfarbe.

Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht der englischen Kinderschutzbeauftragten Rachel de Souza hervor. Sie zeigte sich »zutiefst schockiert« von den Zahlen.

De Souza hatte die Daten bei der Londoner Polizei eingefordert, nachdem der Fall einer 15-jährigen Schwarzen Schlagzeilen gemacht hatte. Sie war fälschlich des Drogenbesitzes verdächtigt worden und musste sich vor Polizeibeamtinnen entkleiden, obwohl diese wussten, dass sie ihre Periode hatte.

Dem Bericht zufolge wurden zwischen 2018 und 2020 insgesamt 650 Minderjährige im Alter zwischen zehn und 17 Jahren einer Leibesvisitation unterzogen. In 23 Prozent der Fälle war kein unparteiischer Erwachsener anwesend.

De Souza äußerte sich »extrem beunruhigt« über den überproportional hohen Anteil schwarzer Betroffener. Offenbar gebe es zudem »systemische Probleme beim Kinderschutz« bei der Londoner Polizei.

Die Zahlen dieser auf »zudringliche und traumatisierende« Weise durchsuchten Minderjährigen seien zudem jedes Jahr stark gestiegen, kritisierte die Kinderschutzbeauftragte.

Immer wieder Vorwürfe gegen die Polizeibehörde

Die Londoner Polizei betonte in einer Reaktion auf den Bericht, es seien bereits Änderungen eingeführt worden, um sicherzustellen, dass Minderjährige bei Leibesvisitationen »angemessen und respektvoll« behandelt würden. Zuletzt war die Londoner Polizei von einer Serie von Skandalen um Rassismus, Sexismus und Frauenfeindlichkeit erschüttert worden. Polizeichefin Cressida Dick war daraufhin im Februar zurückgetreten.

Nach dem Mord an einer jungen Frau durch einen Polizisten hat eine unabhängige Untersuchungsbehörde auf vielfältige Weise »schockierendes« Verhalten von Polizeibeamten einer Londoner Dienststelle angeprangert. Über WhatsApp und Facebook hatten die Polizisten im untersuchten Zeitraum von 2016 und 2018 rassistische, sexistische und homophobe Nachrichten ausgetauscht, wie die Aufsichtsbehörde in einem Bericht darlegte. Die betroffene Dienststelle wurde aufgelöst.

jok/AFP
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