Entlassung aus Psychiatrie Mollath kritisiert Ministerin Merk

Der Fall Gustl Mollath wird neu aufgerollt - und der 56-Jährige will sich in dem Prozess vollständig rehabilitieren. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" übt er scharfe Kritik an Bayerns Justizministerin Merk. Die Psychiatrie-Kliniken nennt er einen de facto rechtsfreien Raum.
Mollath nach Entlassung: Psychiatrien "de facto rechtsfreier Raum"

Mollath nach Entlassung: Psychiatrien "de facto rechtsfreier Raum"

Foto: Getty Images

München - Gustl Mollath hat nach seiner Entlassung aus der geschlossenen Psychiatrie Bayerns Justizministerin Beate Merk kritisiert. Die CSU-Politikerin agiere, als habe er ihr die Wiederaufnahme seines Falles zu verdanken, sagte Mollath im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". "Die Wirklichkeit ist völlig anders, als Frau Merk jetzt tut", sagte er dem Blatt.

Merk hatte Mollaths Unterbringung in der Psychiatrie lange verteidigt. Sie habe erst aktiv werden und ein neues Verfahren fordern können, als es einen tatsächlichen Wiederaufnahmegrund gegeben habe, sagte sie nun. Das sei erst im November 2012 der Fall gewesen - bis dahin habe sie das rechtskräftige Urteil akzeptieren müssen. Auch Koalitionspolitiker in Bayern werfen der Justizministerin vor, die Brisanz des Falls zu spät erkannt zu haben.

Der 56-jährige Mollath war am Dienstag überraschend aus der Psychiatrie entlassen worden, das Strafverfahren gegen ihn unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung wird neu aufgerollt. Das hatte das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg angeordnet. Mollath war 2006 wegen vermuteter Gemeingefährlichkeit eingewiesen worden, weil er - so das damalige Urteil - seine Frau geschlagen und die Reifen Dutzender Autos zerstochen habe. Mollath und seine Unterstützer glauben, er sei Opfer eines Komplotts seiner früheren Ehefrau und der Justiz, weil er Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau bei der HypoVereinsbank aufgedeckt habe.

"Auf Gedeih und Verderb Ärzten und Personal ausgeliefert"

Mollath kündigte nun in der SZ an, um seine Ehre und seinen Ruf zu kämpfen. "Ich rechne mit großem Aufwand und viel Quälerei. Aber ich will vollständig rehabilitiert aus diesem Prozess gehen", sagte er der Zeitung. Zudem sagte er, er werde in dem Prozess die Auseinandersetzung mit seinen Gegnern suchen.

Zunächst ist Mollath nun bei einem ehemaligen Schulfreund in Franken eingezogen, will aber erst einmal Ruhe haben, bevor er in einigen Tagen wieder an die Medien gehen will; in Kürze will er dann nach eigenen Angaben auch ein Buch schreiben.

Zudem forderte der nach sieben Jahren entlassene Mann bessere Kontrollmechanismen in der Psychiatrie. Sein Fall sei vielleicht sehr speziell, aber nur die Spitze eines Eisbergs. Die Psychiatrien in Deutschland seien ein de facto rechtsfreier Raum. "Der größte Teil der Menschen ist auf Gedeih und Verderb den Ärzten und dem Personal ausgeliefert", zitiert die Zeitung Mollath. Es sei dringend erforderlich, "dass schlimme Dinge und grausame Schicksale an die Öffentlichkeit kommen, von denen sich die breite Bevölkerung keine Vorstellungen macht".

Mollaths Anwalt Gerhard Strate kündigte für den Fall eines Freispruchs im Wiederaufnahmeverfahren einen Schadensersatzprozess gegen den bayerischen Staat an. Das werde wahrscheinlich ein sehr kurzes Verfahren werden und zugleich mit der Rehabilitierung Mollaths verbunden sein, sagte er im Bayerischen Rundfunk.

ulz/dpa
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