Ablehnung eines Gutachtens Mollath hofft auf die Freiheit

Gustl Mollath sitzt seit Jahren in der geschlossenen Psychiatrie, ein Gutachten über seinen Gesundheitszustand hat er nun abgelehnt. Seine Anwältin hofft, dass eine sogenannte Fehleinweisung festgestellt wird - und ein normales Leben für ihren Mandanten möglich ist.
Psychiatrie-Insasse Mollath: Hoffnung, dass Fehleinweisung festgestellt wird

Psychiatrie-Insasse Mollath: Hoffnung, dass Fehleinweisung festgestellt wird

Foto: SWR/ Report Mainz

Sieben Jahre hat der frühere Nürnberger Geschäftsmann Gustl Mollath nicht mehr am Leben teilgenommen. Er telefoniert mit einem alten Tastentelefon auf dem Flur der geschlossenen Forensik des Bezirkskrankenhauses Bayreuth, er schreibt Briefe statt E-Mails und SMS. Er ist in den letzten sieben Jahren nie Bus oder Zug gefahren, war nicht auf der Bank, nicht auf Reisen, nicht im Schwimmbad. Er hat nicht gekocht, ging nicht einkaufen, nicht arbeiten und hat nur ein paar Euro Taschengeld.

Gustl Mollaths Welt beschränkt sich seit Februar 2006 auf eine Zelle der Psychiatrie und eine kleine Gartenanlage, in der er kurz spazieren gehen darf. Was draußen vor dem Mauern der Anstalt passiert, erfährt er aus dem Fernseher.

Jetzt soll damit Schluss sein. Gustl Mollath, Bayerns derzeit wohl berühmtester Psychiatrieinsasse, möchte die Freiheit wieder lernen. Seine Anwältin Erika Lorenz-Löblein war zu Jahresbeginn vom Landgericht Bayreuth aufgefordert worden, eine Stellungnahme über ein neues Gutachten zum Gesundheitszustand Mollaths und über den damit beauftragten externen Sachverständigen abzugeben. Doch die Juristin lehnte das Gutachten im Namen ihres Mandanten rundweg ab.

Die Staatsanwaltschaft wollte ein Gutachten - Mollath nicht

Sie stellte stattdessen Antrag auf die sogenannte Feststellung einer Fehleinweisung, die Erledigterklärung der Unterbringung und den Nichteintritt der Führungsaufsicht. Gleichzeitig forderte sie, den Aufenthalt Mollaths in Bayreuth zur Wiedereingliederung "bei offener Tür" fortzusetzen. Die Erstellung eines weiteren Gutachtens sei in diesem Fall überflüssig, argumentierte sie. Ebenso wie die Stellungnahme zur Person des vorgeschlagenen Sachverständigen.

Wenig später lehnte das Landgericht Bayreuth das von der Staatsanwaltschaft beabsichtigte neue Gutachten ab, weil Mollath nicht zur Mitarbeit bereit sei.

Dass sich für Mollath die Türen öffnen, ist vorerst nicht zu erwarten.

Die Staatsanwaltschaft Regensburg arbeitet seit Dezember an einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Mollath. Dessen Einweisung war über die Jahre von mehreren Gutachtern und Gerichten bestätigt worden. Immerhin wird Mollath vorgeworfen, er habe seine inzwischen geschiedene Frau tätlich angegriffen und zahlreiche Autoreifen von Personen zerstochen, die mit der Trennung des Paares befasst waren.

Das Gericht sah diese Tatbestände als erwiesen an und bezeichnete Mollath als gemeingefährlich. Bei jährlichen Untersuchungen kamen die Ärzte jedes Mal zu dem Schluss, Mollaths Zustand habe sich nicht verändert, die Unterbringung müsse fortgesetzt werden.

Eine Wiederaufnahme wird noch geprüft

Zum Justizskandal wurde der Fall dennoch: Denn seit 2003 hatte Mollath seine bei der HypoVereinsbank (HVB) beschäftigte Frau, weitere HVB-Mitarbeiter und 24 Kunden beschuldigt, in Schwarzgeldgeschäfte in Millionenhöhe verwickelt zu sein. Manche der Vorwürfe stimmen offensichtlich, wie sich später zeigte.

In dem Verfahren zu seiner Einweisung wurde Mollath jedoch unter anderem wegen dieser Behauptungen eine paranoide Gedankenwelt attestiert. Ein Richter, der über den Beschuldigten urteilte, soll sogar die Nürnberger Finanzbehörden angerufen und aufgefordert haben, die Informationen über mutmaßliche Schwarzgelder nicht weiter zu verfolgen. Der Zeuge sei nicht bei Verstand. Daraufhin stellten die Fahnder ihre Nachforschungen damals ein.

Wegen der mögliche Befangenheit des Richters lässt Bayerns Justizministerin Beate Merk nun in Regensburg eine Wiederaufnahme prüfen. Die Fertigstellung des Antrags zieht sich noch hin. Denn auch ein weiterer Anwalt Mollaths, der Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate, arbeitet an einem Wiederaufnahmeantrag. Der Jurist gilt als Spezialist für solche Fälle. Mittlerweile fürchtet man in Regensburg, Strates Schriftsatz könnte besser begründet sein als der der Strafverfolger.

Ein neues Strafverfahren gegen Gustl Mollath müsste zunächst klären, ob der Beschuldigte die ihm damals vorgeworfenen Straftaten wirklich begangen hat. Und es müsste ausschließen, dass Mollath in der Psychiatrie gelandet ist, weil er beharrlich auf dubiose Geldflüsse verwiesen hat, von denen aber offenbar niemand etwas wissen wollte. Ob ein aktuelles Gutachten zu dieser Klärung beigetragen hätte, ist ohnedies fraglich.

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