

Verden - Zehn Jahre nach dem Mord an dem neun Jahre alten Dennis aus dem niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck haben Fahnder einen Tatverdächtigen festgenommen. Dies teilte die Polizei in Verden am Freitag mit. Der Mann steht auch im Verdacht, zwischen 1992 und 2004 vier andere Jungen getötet und mehr als 40 sexuell missbraucht zu haben.
"Wir haben einen Haftbefehl wegen mehrfachen Mordes", sagte der Sprecher der Sonderkommission, Jürgen Menzel. Die Ermittler wollen am Freitag um 12 Uhr bei einer Pressekonferenz Einzelheiten über die Festnahme bekanntgeben.
Dennis war in der Nacht zum 5. September 2001 aus dem Schullandheim Wulsbüttel im Kreis Cuxhaven verschwunden. Zwei Wochen später fanden Pilzsammler die Leiche des ermordeten Schülers etwa 40 Kilometer entfernt. Vom Täter fehlte lange jede Spur, die Ermittler jagten ein Phantom.
Doch vor wenigen Wochen bekamen die Fahnder neue Hinweise zum vermeintlichen Fahrzeug von Dennis' Mörder. Ein Jogger meldete sich, der den Täter gemeinsam mit dem Jungen in der ersten Septemberwoche 2001 in einem hellen Opel Omega Caravan A oder B gesehen haben will. Die Ermittler hielten diese Aussage für schlüssig. Der Augenzeuge meldete sich laut Polizei erst nach Jahren, weil er früher nichts von dem Fall gehört habe. Er sei erst durch die Wiederholung einer Fernsehdokumentation auf den Mordfall aufmerksam geworden, weil er in der Zwischenzeit nach Nordrhein-Westfalen umgezogen wäre.
Das Phantom nahm Gestalt an
Die Sonderkommission "Dennis" geht seit längerem vom einem Serientäter aus, der in Deutschland lebt. Er weise einen starken geografischen Bezug zum Raum Bremen und dessen Umland auf: In dieser Gegend ereignete sich die größte Anzahl der Taten. Mit dem Tod von Dennis hatten die Fahnder die Zusammenhänge mit anderen Morden erkannt. Zwischen 1992 und 2004 wurden insgesamt fünf Jungen überwiegend nach dem selben Muster getötet - in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Mindestens 40 Kinder wurden zudem sexuell missbraucht.
Alle Mordopfer verschwanden aus Schullandheimen, Zeltlagern oder Jugendherbergen. Die Polizei hatte eine sogenannte Situationsskizze angefertigt, die darstellt, wie der Täter 2001 ausgesehen haben könnte. Das Bild zeigte einen bulligen Mann mit Brille, Anfang 30, der am Steuer sitzt.
Kinder, die von dem Mann misshandelt wurden, beschrieben ihn als auffallend groß, schwarz gekleidet und maskiert. Eines erinnerte sich an einen starken Aftershave-Geruch. Ein anderes an einen durchtrainierten Körper. Vielen tausend Spuren waren die Ermittler in den vergangenen Jahren nachgegangen - zunächst ohne Erfolg. Auch ein DNA-Test an mehreren hundert Männern in Norddeutschland hatte 2008 keinen Hinweis auf einen Verdächtigen ergeben.
Profiler der Polizei hatten den möglichen Täter während der Ermittlungen als wahrscheinlich unauffälligen, sozial integrierten Mann bezeichnet, bei dem Nachbarn und Freunde kaum Verdacht auf einen Zusammenhang mit den Morden vermuten würden.
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In diesem Trakt des Schullandheims hatte Dennis mit seinen Klassenkameraden übernachtet.
Die Soko "Dennis" wurde eingerichtet und ging Tausenden Hinweisen und Indizien nach: Ein Polizeibeamter zeigte 2001 ein Muster des Schlafanzugs, den der Junge in der Nacht seiner Entführung getragen hatte.
Mit dieser sogenannten Situationsskizze, die den mutmaßlichen Täter im Jahr 2001 zeigt, suchte die Polizei nach dem Verdächtigen. Es zeigt einen bulligen Mann mit Brille, Anfang 30, der am Steuer sitzt.
Der Leiter der Soko "Dennis", Martin Erftenbeck, zeigte bei einer Pressekonferenz ein Bild des Wagens, in dem der mutmaßliche Serientäter unterwegs war.
Beamte der Spurensicherung in Kirchtimke nahe Zeven: In der Nacht zum 5. September 2001 war der Neunjährige aus dem Schullandheim Wulsbüttel, nördlich von Bremen, entführt worden. Pilzsammler entdeckten das tote Kind zwei Wochen später in der Nähe von Kirchtimke, knapp 40 Kilometer vom Schullandheim entfernt.
Ein Schild weist in Wulsbüttel im Landkreis Cuxhaven den Weg zu dem Schullandheim, aus dem Dennis entführt wurde.
Beamte durchsuchen den Kreis Cuxhaven nach Dennis' Verschwinden. Der mutmaßliche Mörder von Dennis wird mit anderen Verbrechen in Verbindung gebracht. Die Ermittler sprachen in der Vergangenheit von einem Serientäter, dem fünf Morde an kleinen Jungen und mehr als 40 Missbrauchsfälle zugerechnet würden.