Möglicherweise jahrelang Offenbar Blutproben von Neugeborenen in Geburtsklinik in Halle manipuliert

Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara (Archiv): Rätselhafte Manipulationen
Foto: Steffen Schellhorn / imago images / Steffen SchellhornIn einer Klinik in Halle an der Saale sind offenbar mehrfach Blutproben von Neugeborenen manipuliert worden. Bei einer Laboruntersuchung in Magdeburg sei am 5. Oktober festgestellt worden, dass es sich bei drei der eingereichten Proben aus der Geburts- und der Kindermedizin der Klinik nicht um das Blut von Säuglingen, sondern von Erwachsenen handelte, teilte das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara mit.
Die Laborbefunde wiesen demnach sehr wenig fetales Hämoglobin, also roten Blutfarbstoff eines Un- oder Neugeborenen, auf. Eine in der Klinik beschäftigte Person soll einem Brief des Direktoriums an die Mitarbeiter zufolge, der dem SPIEGEL vorliegt, für die Manipulationen verantwortlich sein. Man könne jedoch nicht bestätigen, dass es sich bei dem Erwachsenenblut um das Blut dieser Person handele, sagte der Pressesprecher des Krankenhauses dem SPIEGEL.
Das Neugeborenen-Screening dient den Angaben zufolge der Früherkennung etwa von angeborenen Stoffwechseldefekten. Ziel ist es, den erkrankten Kindern frühzeitig durch eine Therapie oder Diät eine normale Entwicklung zu ermöglichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass durch die Manipulation bei vielen Kindern eine Erkrankung unerkannt blieb, ist nach Angaben der Klinik gering. Statistisch gesehen komme auf 1000 Geburten ein Kind mit einem positiven Befund. In den bislang bekannten Fällen hätten die Nachuntersuchungen keine Hinweise auf Krankheiten der Babys ergeben.
»Blutproben durch diese Einzelperson bewusst verfälscht«
Seit dem 1. Oktober wird gesetzlich verpflichtend ein neuer Screening-Parameter miteinbezogen, der in den nun bekannt gewordenen Fällen als untypisch für das Blut von Neugeborenen aufgefallen sei. Daher seien bei früheren Proben keine Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Bei einer Nachuntersuchung mit dem neuen Parameter konnten weitere acht Proben, sogenannte Rückstellproben zur Qualitätssicherung, als Blut von Erwachsenen identifiziert werden.
Eine in der Klinik beschäftigte Person soll vorsätzlich gehandelt haben. »Nach dem derzeitigen Stand unserer Nachforschung, dem Gespräch mit einer im Krankenhaus tätigen Person und behördlichen Ermittlungen gehen wir davon aus, dass die Blutproben durch diese Einzelperson bewusst verfälscht bzw. manipuliert worden sind«, heißt es in dem Mitarbeiterbrief. Das genaue Motiv ist nicht bekannt. Seit Mitte des Monats befinde sich die Person nicht mehr im Dienst. Das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft haben den Angaben zufolge die Ermittlungen aufgenommen.
Die Person war seit 2013 in dem entsprechenden Bereich eingesetzt. In dieser Zeit war sie übereinstimmenden Medienberichten, unter anderem von MDR und »Mitteldeutscher Zeitung« , zufolge für die Blutproben von etwa 800 Kindern verantwortlich. Die Klinik werde in den kommenden Wochen mögliche betroffene Familien benachrichtigen und zu einer Nachuntersuchung einladen.