Hamburg Bewährungsstrafe für ehemaligen SS-Wachmann in Stutthof-Prozess

Der 93-jährige Bruno D. (Mitte, hinter Glas) am Donnerstag im Landgericht Hamburg
Foto:Daniel Bockwoldt/ AFP
Im Verfahren um den früheren SS-Wachmann Bruno D. ist das Urteil verkündet worden. Das Landgericht Hamburg hat ihn zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Der heute 93-Jährige wurde der Beihilfe zum Mord in 5.232 Fällen und der Beihilfe zum versuchten Mord in einem Fall schuldig gesprochen, wie das Hanseatische Oberlandesgericht mitteilte.
"Wie konnten Sie sich bloß an das Grauen gewöhnen?", fragte die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring den 93-Jährigen bei der Urteilsbegründung. Mit seinem Urteil blieb das Gericht hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück, die eine Jugendstrafe von drei Jahren gefordert hatte. Die Verteidigung hingegen hatte auf Freispruch plädiert.
Mindestens 5320 Morde während der Dienstzeit Bruno D.s
Der Prozess fand nach Jugendstrafrecht statt, weil D. zu Beginn der Tatzeit erst 17 Jahre alt war. Von August 1944 bis April 1945 war er Wachmann im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig. Das hatte D. zum Auftakt des Verfahrens im Oktober vergangenen Jahres eingeräumt, allerdings sei er das nicht freiwillig gewesen. Als Wehrmachtssoldat sei er wegen eines Herzfehlers nicht frontdiensttauglich gewesen und in das Lager abkommandiert worden.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren während der Dienstzeit des Angeklagten in dem KZ mindestens 5230 Gefangene ermordet worden. 30 wurden in einer geheimen Genickschussanlage im Krematorium des Lagers getötet. Mindestens 200 wurden in der Gaskammer und in einem verschlossenen Eisenbahnwaggon mit Zyklon B umgebracht. Mindestens 5000 Menschen starben infolge der lebensfeindlichen Bedingungen im sogenannten Judenlager von Stutthof.
In seinem letzten Wort vor Gericht hatte der Angeklagte die Überlebenden und Hinterbliebenen der KZ-Opfer um Entschuldigung gebeten. An dem Prozess waren rund 40 Nebenkläger beteiligt, die meisten davon Überlebende des Konzentrationslagers. Vier von ihnen hatten persönlich im Gerichtssaal ausgesagt, zwei waren über eine Videoschalte angehört worden. Sie hatten von täglichen Misshandlungen wie Schlägen und stundenlangen Appellen, Hinrichtungen sowie von Hunger und einer Fleckfieber-Epidemie berichtet.