Urteil in Hannover Kriminalhauptkommissar wird wegen Nähe zu Reichsbürgern aus Dienst entlassen

Er hat Verschwörungstheorien verbreitet und forderte Kollegen auf, Widerstand gegen Coronamaßnahmen zu leisten: Ein Kriminalhauptkommissar aus Hannover darf nach einem Gerichtsurteil nicht zurück in den Dienst.

Der 58-jährige Kriminalhauptkommissar war auf Demonstrationen von Coronaleugnern aufgetreten, hatte den deutschen Staat verunglimpft und Verschwörungserzählungen verbreitet. Die Vorgesetzten suspendierten ihn vom Dienst und reichten eine Disziplinarklage gegen den Mann ein. Nun hat das Verwaltungsgericht Hannover entschieden,  dass der Kommissar nicht in den Dienst zurückkehren darf.

Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Hannover sagte zur Urteilsbegründung, ein Polizeibeamter habe die Pflicht, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und er habe ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis zum Staat. »Damit verträgt sich Ihr Verhalten nicht«, sagte der Richter an den Kriminalhauptkommissar gerichtet.

Der Richter sagte, der Polizist habe klar eine Nähe zur »Reichsbürger«-Bewegung. Der 58-Jährige habe in einem Antrag für einen Staatsangehörigkeitsausweis als Geburtsland »Preußen« genannt und seinen Personalausweis abgegeben. »Sie stellen die Legitimität des Staates infrage«, sagte der Richter. »Reichsbürger« bestreiten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und erkennen ihre Rechtsordnung nicht an.

Der Polizist aus Hannover, seit mehr als vier Jahrzehnten im Polizeidienst, hatte sich bei einer Kundgebung im August 2020 als Kriminalhauptkommissar vorgestellt und seine Kollegen aufgefordert, sich in der Coronalage mehr ihrem Gewissen als dem Gehorsam verpflichtet zu fühlen. Auch in anderen Städten trat er auf, unter anderem in Berlin.

»Zorn, aber auch etwas Geltungsbedürfnis«

Der Richter betonte, der 58-Jährige sei bisher ein »guter Beamter« gewesen, aber nun nicht mehr tragbar. Er erkenne »Zorn, aber auch etwas Geltungsbedürfnis« bei dem Mann. »Sie dürfen zornig sein und Sie dürfen Kritik üben«, betonte der Richter. Was aber nicht gehe, sei »Schwadronieren« über angebliche geheime Militäroperationen, Bunker unter dem Berliner Flughafen oder dem Stuttgarter Bahnhof, wo Migranten untergebracht würden, oder das Verunglimpfen der Bundesregierung als »Regime«.

Der 58-Jährige tat dies als »Kneipengespräche« ab. Er sagte, er habe einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt, weil er auf die Karibikinsel Curaçao habe auswandern wollen – er sei mit vielem in Deutschland unzufrieden. In dem Antrag werde die Abstammung abgefragt, sein Großvater stamme aus Preußen. Der Richter korrigierte: Nicht die Abstammung werde abgefragt, sondern das Geburtsland des Mannes – die Bundesrepublik Deutschland.

Der Hauptkommissar blieb dennoch dabei: Er werde sich weiter zu Missständen äußern, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen, die Coronamaßnahmen halte er für nicht verfassungskonform – kündigen werde er nicht. Sein Anwalt lehnte eine Stellungnahme zu dem Urteil ab.

kha/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten