Hells Angels vor Gericht "Mit den Bullen, ist dit geil"

Vor dem Amtsgericht Tiergarten müssen sich fünf Hells Angels für den Überfall auf einen verfeindeten Bandido verantworten. Doch die Rocker schweigen - und auch ein Augenzeuge kann sich angeblich an nichts erinnern. Dabei hat Guido S. die Prügelei sogar gefilmt, wie SPIEGEL TV nun zeigt.

Hamburg - Die Aufregung ist dem jungen Mann deutlich anzuhören: "Auh, jetzt prügeln sie sich. Ja, mit den Bullen, ist dit geil", stammelt Guido S. in sein Telefon. Mit der anderen zittrigen Hand führt er die Kamera. "Gleicht macht einer 'nen Warnschuss. Ist dit der Wahnsinn." Dann knallt es. Ein Polizist hat zur Waffe gegriffen.

Die Szene, die S. am 21. Mai 2007 auf der Indira-Gandhi-Straße im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen beobachtet hat und die SPIEGEL TV Magazin nun am Sonntagabend erstmals zeigt, beschäftigt inzwischen die Justiz.

Vor dem Amtsgericht Tiergarten müssen sich derzeit fünf Mitglieder des berüchtigten Rockerclubs Hells Angels wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Beamte verantworten. Die Männer im Alter von 29 bis 47 Jahren sollen unter anderem einen verfeindeten Bandido mit Schlägen und Tritten verletzt haben.

Unter den Angeklagten befinden sich auch zwei prominente Gesichter der Szene: Holger "Hocko" B., 47, ehemaliger Präsident des örtlichen Angels-Ablegers, und sein früherer "Road Captain" Rayk F., 39, der inzwischen zum Kassenwart aufgestiegen ist.

Letzterer wurde bereits 2006 vom Amtsgericht im brandenburgischen Eberswalde wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu mehr als einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Der etwa zwei Meter große Karatekämpfer, immerhin deutscher Vizemeister, soll zudem Ende Juni zwei Polizisten angegriffen haben, die das Clubhaus der Angels durchsucht hatten. Die Beamten waren vorübergehend dienstunfähig.

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft trafen bei der Auseinandersetzung in Hohenschönhausen die beiden Angeklagten und ein Bandido aufeinander und bedrohten sich mit Schlagstock und Krummdolch. Weitere Hells Angels stießen laut Anklage wenig später hinzu, bedrohten und traten den Konkurrenten.

Die alarmierte Polizei rückte schließlich mit einem Großaufgebot an - Zeuge S. zählte in seinem 15-minütigen Video insgesamt 19 Einsatzfahrzeuge. Dennoch musste ein Beamter mit seiner Dienstwaffe erst in die Luft feuern, ehe sich die Situation unter Kontrolle bringen ließ.

Zum Prozessauftakt vor dem Amtsgericht Tiergarten verweigerten alle Angeklagten die Aussage. Auch das Opfer der Keilerei, das erst gar nicht im Hochsicherheitssaal B 129 aufgetaucht war, ließ über seinen Anwalt ausrichten, er werde schweigen.

Und selbst Zeuge Guido S., 30, der das Geschehen jauchzend gefilmt hatte, konnte oder wollte sich nun plötzlich an nichts mehr erinnern. Juristische Kleinstarbeit ist also gefragt - und der Rechtsstaat gefordert.

Im November soll das Urteil gesprochen werden.

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